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Veröffentlicht: Sonntag, 20. Februar 2022 19:01
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In Anger-Crottendorf regt sich Protest. Doch dieses Mal geht es nicht etwa um die für Anger-Crottendorf typische Parkplatzknappheit, sondern um den Mietenwahnsinn. Mindestens 800 Wohneinheiten in Anger-Crottendorf und Reudnitz-Thonberg gehören inzwischen dem börsennotierten Wohnungskonzern Vonovia SE. Der im DAX notierte Wohnungskonzern möchte durch die Übernahme der Deutsche Wohnen seine Stellung als größter Vermieter Europas sichern. Und damit nicht nur das Unternehmen wächst, sondern auch die Profite, steigen auch in Anger-Crottendorf die Wohnkosten für die Vonovia-Mieterinnen und -Mieter.
Diese schließen sich seit einiger Zeit in der Mieteninitiative Anger-Crottendorf und Reudnitz-Thonberg zusammen und versuchen, etwas gegen die steigenden Kosten zu unternehmen. Die Initiative trifft sich seit Herbst 2021 regelmäßig – sofern es das Pandemiegeschehen zulässt. Zahlreiche Mieterinnen und Mieter wollen den steigenden und fehlerhaft berechneten Betriebskosten, ausbleibenden Leistungen oder der schlechten Erreichbarkeit etwas entgegensetzen. „Die Miete erhöht sich zuverlässig, aber an den Wohnungen ändert sich nichts, ganze Wohnanlagen verwahrlosen und Leistungen, für die wir bezahlen, werden nur teilweise oder nicht erbracht. Auf Widersprüche und Nachfragen wird teilweise über zwei Jahre lang nicht reagiert, selbst in Notfällen, wie bei Wasserschäden, erreicht man manchmal drei Wochen niemanden. Das zeigt, dass Vonovia nur daran interessiert ist, Profite zu machen“, meint Ursula Plöse von der Initiative, die bereits die Mietergemeinschaft Schönefelder Höfe mit aufgebaut hat. Die Schönefelder Initiative besteht bereits seit fast drei Jahren und kooperiert eng mit der Mieteninitiative Anger-Crottendorf und Reudnitz-Thonberg.
Vor allem die steigenden Betriebskosten erregen die Gemüter, stehen sie doch in keinem Verhältnis zu den erbrachten Leistungen oder der Inflationsrate. Auch bundesweit ist Vonovia dafür bekannt, die Betriebskosten eigenwillig auszulegen und somit Gewinne zu erzielen. So wurden die Kosten für den Winterdienst in Dresden im Jahr 2017 auf die Mieterinnen und Mieter umgelegt, obwohl es in dem Jahr nicht mal geschneit hatte. In Leipzig wurden zum Beispiel Grundstücksflächen zur Grünpflege abgerechnet, die gar nicht in Besitz der Vonovia waren. All dies wurde in gemeinschaftlicher Bearbeitung der Betriebskostenabrechnungen herausgefunden.
Hinter Vonovia steht vor allem ein komplexes Unternehmenskonstrukt. So ist die Vonovia SE nicht nur ein reines Vermietungsunternehmen, sondern unterhält unzählige Sub-Firmen, die beispielsweise Montage-, Handwerks- oder Gartenfirmen umfassen. Das ermöglicht es der Vonovia Rechnungen innerhalb des eigenen Konzerns zu stellen. „Circa 95 Prozent der Einnahmen aus Betriebskosten und Modernisierungsmieterhöhungen der Vonovia stammen aus internen Erlösen. Der Überschuss zu den eigentlichen Kosten betrug in den ersten neun Monaten des Jahres 2021 etwa 110 Mio. Euro – knapp 7% des Gesamtgewinns“, erklärt Peter Bescherer aus der Betriebskosten-Arbeitsgruppe der beiden Leipziger Initiativen.
Die beiden Initiativen beteiligen sich seit einiger Zeit am VoNO!via-Bündnis, einem deutschlandweiten Zusammenschluss zahlreicher Vonovia-Mieterinnen und -Mieter. Aktuell wird eine bundesweite Einwendungskampagne gegen die Prüffähigkeit der Betriebskosten von Vonovia durchgeführt. „Die Vonovia hat in keinem unserem Bündnis bekannten Fall die tatsächlichen Kosten für Personal, Lieferungen und ausführende Unternehmen vollständig nachgewiesen“, sagt Ursel Beck von den Stuttgarter Mieterinitiativen. „Deshalb fordern wir die ungerechtfertigten Gewinne der letzten Jahre für alle MieterInnen zurück. Es sind Hunderte Millionen Euro.“ In Leipzig-Schönefeld, Anger-Crottendorf und Reudnitz-Thonberg seien schon 100 solcher Einwendungen zusammengekommen, erzählt Peter Bescherer und ergänzt: „Wir wollen durch die Anforderung und Prüfung der Belege Präzedenzfälle schaffen, um Vonovias fragwürdige Praxis der Betriebskostenabrechnungen zu unterbinden und unbegründete Zahlungen zurückzuerhalten. Damit das funktioniert, rufen wir alle Mieterinnen und Mieter der Vonovia auf, sich an unserer Kampagne zu beteiligen und die Kostennachweise zu verlangen.“
Am 22. Februar 2022 um 18 Uhr bietet die Mieteninitiative Anger-Crottendorf und Reudnitz-Thonberg allen Mieterinnen und Mietern die Möglichkeit, sich im Rahmen einer online-Veranstaltung über die Kampagne zu informieren, Musterunterlagen zu erhalten und eine Teilnahme zu besprechen. Die Anmeldung hierfür erfolgt per E-Mail, unter: .
Am 12. März 2022 soll um 11 Uhr eine kleine Zusammenkunft im Freien beim Ostwache Leipzig e.V., Gregor-Fuchs-Straße 45-47, stattfinden, um das weitere Vorgehen der Initiative zu besprechen. „Denn“, so Ursula Plöße, „die Betriebskostenkampagne soll ja erst der Anfang sein. Letztlich müssen wir auch auf die Politik Einfluss nehmen, denn die Mietengesetze sind fast alle Mieterhöhungsgesetze und in Leipzig sind alle Instrumente zur Eindämmung steigender Mietkosten bereits ausgeschöpft. Und wenn Unternehmen wie Vonovia die Pflege der Garagenhöfe auf die Mieterinnen und Mieter der angrenzenden Wohneinheiten und gleichzeitig auf die Garagenmieterinnen und -mieter umlegen, und dadurch zweimal für eine Leistung abkassieren, dann scheinen Gesetze auch nicht zu helfen, denn Betrug ist auch heute schon nicht erlaubt“, schimpft die 82-Jährige auf die steigenden Betriebskosten und kommentiert damit letztlich auch die Parkplatzsituation in Anger-Crottendorf.
Mieteninitiative in Anger-Crottendorf und Reudnitz
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Veröffentlicht: Dienstag, 21. Dezember 2021 17:45
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In der kleinen Serie über Menschen und Gärten im Stadtteil war der ACA in diesem Jahr schon zu Gast bei der Stadtgärtnerei ANNALINDE in der Straße Am Güterring und bei „Bunte Gärten“ in der Pommernstraße, im KGV „Anger-Crottendorf“ e.V. - Anlage II.
Den Abschluss bildet der KGV „Kultur“ e.V. in der Theodor-Neubauer-Straße. Dort fand Anfang November – frei nach dem Martin Luther zugeschriebenen Zitat – eine große und bisher einmalige Pflanzaktion statt.
Noch etwas ungläubig steht Holger Große, Vorsitzender des Kleingartenvereins (KGV) in einer Gruppe wartender Menschen am Rand des Festplatzes. Sein Blick wandert von links nach rechts. Auch im Blick hat er eine Gruppe von Geocachern (Deutsch: Schatzsuchende), die im Hintergrund durch den Gartenverein läuft. Hier wird demnächst ein Cache (Deutsch: Schatz) versteckt. Die Geocacher-Gemeinde ist Deutschlandweit aktiv. Das Versteck im KGV wird auf deren Homepage markiert und kann dann von vielen Cachern immer wieder gefunden werden. Es ist gerade viel los im Kleingartenverein.
Die wartenden Menschen im Vordergrund hören Thomas Gärtner zu. Er begrüßt die Gruppe, die sich an dem sonnigen aber kühlen Samstag Anfang November hier getroffen hat. Gärtner ist hier für die Aktionsgruppe „Leipzig pflanzt“. Diese hat sich zusammen mit den Omas-For-Future das Ziel gesetzt, 600.000 Bäume in Leipzig und Umgebung zu pflanzen – quasi für jeden Einwohnenden der Stadt einen. Dass das viel Arbeit macht, ist klar. Klar ist auch, dass dafür Unterstützung nötig ist. Die Herren Große und Gärtner stehen in einer Gruppe von ca. 20 hilfsbereiten Menschen allen Alters.
Als die Arbeitsgeräte und Aufgaben verteilt sind, schwärmen die Freiwilligen aus. Thomas Gärtner hat nun kurz Zeit und erzählt: „Wir pflanzen heute hier ca. 145 Gehölze, Bäume und Sträucher. Das ist sozusagen das Pilotprojekt von „Leipzig pflanzt“. Denn neue Flächen sind rar in der Stadt. Daher kamen wir auf die Idee, die Gemeinschaftsflächen im KGV zu bepflanzen.“ Bisher war die Aktionsgruppe im ehemaligen Braunkohlentagebau Peres vor den Toren der Stadt aktiv und hatte dort 13.000 Gehölze seit Herbst 2020 gepflanzt. Was im Tagebau zu allererst der Rekultivierung dient, sorgt im KGV für eine Erhöhung der Biodiversität. Darüber hinaus sind beide Aktionen wichtige Bausteine im Kampf gegen den Klimawandel. Und es soll nicht das einzige Projekt innerhalb der Stadtgrenzen bleiben. „Am 28. November pflanzen wir am Lärmschutzwall Kiebitzmark in Paunsdorf knapp 1.000 Sträucher. Etwas später dann noch am Gleisgrünzug in Plagwitz.“ Das Geld für die Gehölze stammt aus Spenden, überwiegend von Privatpersonen. Diese werden vom Trägerverein der Omas-For-Future „Leben im Einklang mit der Natur e.V.“ verwaltet. Vermehrt schenken sich Menschen nicht mehr irgendwelchen Quatsch, der ungenutzt verstaubt. Sondern zum Geburtstag oder zu Weihnachten gibt es dann eben einen Baum, den „Leipzig pflanzt“ in die Erde bringt.

Auf einer der Gemeinschaftsflächen buddeln Doreen und Aiana ein Loch für einen Apfelbaum. Beide sind aus Stötteritz nach Anger-Crottendorf gekommen um mitzuhelfen. Beide sind naturverbunden und Doreen liegt eine lebenswerte Zukunft für ihre Tochter Aiana am Herzen. Das Bild der beiden symbolisiert so wunderbar, wie die Elterngeneration der Nachfolgenden eine Zukunft baut, unterstützt von den Großeltern, hier in Form der Omas-For-Future. Unterstützend dabei ist auch Sabrina Rötsch vom NABU-Leipzig. Sie erklärt beiden, wie tief sie graben müssen und welchen Schnitt der Baum nach seiner Pflanzung noch bekommen muss. Bevor sie zur nächsten Fläche eilt, fragt der ACA noch schnell nach ihrer Motivation an dieser Aktion teilzunehmen. „Den NABU und den KGV verbindet eine langjährige Kooperation. Wir wollen den KGV mit der heutigen Aktion ökologisch aufwerten. Die Obstbäume sind mindestens Halbstämme, damit diese eine gewissen Höhe haben und eine Krone ausbilden. Die Verschattung fördert die Aufenthaltsqualität und in den Kronen können Vögel nisten. Vielleicht bildet sich irgendwann auch einmal eine Höhle aus.“ Außer dem Apfelbaum, den Doreen und Aiana eingraben, finden auch noch Zwetschgen und Süßkirschen ihren Platz im KGV.
An anderer Stelle entsteht zur selben Zeit eine Vogelschutzhecke aus heimischen Sträuchern, wie Holunder, Wildrosen, verschiedenen Beerensträuchern, Berberitze und Liguster. Die Hecke grenzt die Fläche des alten Boccia-Platzes ein, auf dem seit einiger Zeit noch mehr passiert. Dazu gleich mehr. Nach gut zweieinhalb Stunden ist die Pflanzaktion vorbei. Die Freiwilligen stärken sich an einem Buffet, welches die Omas-For-Future bereitgestellt haben.
Das ist auch der Moment, als Holger Große von einer geführten Runde durch den Gartenverein mit den Geocachern zurückkommt. „Das sieht ja richtig geil aus“, entfährt es dem vielbeschäftigten Mann, der vom linken bis zum rechten Ohr strahlt. Er freut sich sichtlich über die gelungene Pflanzpremiere, die nach nur sehr kurzen Absprachen mit allen Beteiligten im KGV stattfand. Noch mehr Grund zur Freude hat er, weil kürzlich ein neuer Spielplatz gleich neben der Vogelschutzhecke entstand. Hilfreich dabei waren die Fördermittel des Stadtverbands Leipzig der Kleingärtner e.V. Beziehungsweise ist dieser erst noch im Entstehen, Kleinteiliges fehlt noch und auch die KGV-eigene Holz-Lokomotive muss noch überarbeitet werden, bevor der Spielplatz den kleinen Gästen übergeben werden kann.

Aber es gibt noch mehr. „Zusammen mit Wabe e.V. haben wir überlegt, wie wir die große Fläche des Boccia-Platz neu gestalten können, um für unsere Besucher attraktiver zu sein. Aus diesen Überlegungen entsteht nun ein Labyrinth mit einem Barfußweg und Matsch-Strecke im Zentrum. Für Kräuterliebhaber gibt es eine große Kräuterspirale und von den heute auch am Spielplatz gepflanzten Obstbäume kann dann genascht werden“, erklärt Große. Das Ziel ist für ihn völlig klar: Ein Kleingartenverein als Ort des Gärtnerns, klimastabil sowie stark in der Biodiversität und ein guter Gastgeber für alle Bürgerinnen und Bürger des Stadtteil, die Naherholung auch als Erlebnis genießen wollen. „Dann gehen alle zufrieden nach Hause und sagen: ‚Das ist aber ein toller Verein‘“, ergänzt Große herzlich lachend.
Holger Große ist seit vielen Jahren Vorsitzender des mit ca. 4,2 Hektar eher kleinen KGVs. Und er hat den Verein wirklich zu einem tollen Verein weiterentwickelt. Vor einhundert Jahren stellte Karl Krause seinen Mitarbeitenden Flächen zur gärtnerischen Nutzung und Erholung zur Verfügung. Dieser Tradition und Erinnerung an einen sehr sozial eingestellten Industriellen folgend, pflegt der KGV noch heute einen Krause-Garten. Die Laube der Parzelle 84 ist nach Originalplänen und mit -farbgebung nachgebaut. Ein Gartenfreund bewirtschaftet den Garten wie vor 100 Jahren. Eine große Tafel weist auf das Erbe hin. Neben dem Imkergarten, Weingarten, Streuobstwiese, Kompostanlage gibt es auch noch 21 Tafelgärten. Auf deren 4.000m² großen Fläche wird vom Wabe e.V. Gemüse für die Leipziger Tafel angebaut. 
Das Engagement Großes bleibt indes nicht unbemerkt. Auch wenn er sich gelegentlich mehr Lob von den eigenen Gartenfreund*innen wünscht, der KGV wird auch mit Auszeichnungen bedacht. In den Jahren 2014 und 2016 erhielt der KGV „Kultur“ e.V. die Ehrung als „Kleingartenanlage des Jahres“.
In diesem Jahr belegt der KGV den zweiten Platz im Landeswettbewerb „Gärten in der Stadt“ und ist damit automatisch für den Bundeswettbewerb im kommenden Jahr nominiert. Das hat selbst Holger Große überrascht, denn das gab es in der 117-jährigen Geschichte des Vereins noch nie. „Wir wollten eigentlich nur teilnehmen, um zusehen, wo wir stehen. Wir haben den Verein so dargestellt, wie er ist“, erzählt Große. „Die anderen Mitbewerber haben sich gestylt und durchgeharkt.“ Es ist aber das Individuelle was Große und seine Gartenfreund*innen mögen und was letztendlich auch der Jury gefallen hat. Bei so vielen Auszeichnungen ist es dann auch fast selbstverständlich, dass der Kleingartenverein „Kultur“ e.V. beliebt ist wie nie. „Wir habe eine Warteliste mit 47 Namen“, sagt Große und geht für heute in den Feierabend.
Der ACA bedankt sich bei allen Teilnehmenden des Tages und wünscht dem KGV „Kultur“ e.V. viel Erfolg beim Bundeswettbewerb und viel positive Resonanz aus dem Stadtteil.
Kleingartenverein "Kultur" e.V. Theodor-Neubauer-Straße 43 Eingang in der zweiten Reihe etwas versteckt am Bahndamm Offen für Alle über Türsummer bis zum Einbruch der Dunkelheit www.kgv-kultur.de
Aktion "Leipzig pflanzt" www.leipzig-pflanzt.de
Spenden ab 5 Euro an: Kontoinhaber: Leben im Einklang mit der Natur e.V. / LEIPZIG pflanzt Verwendungszweck: Vorname, Nachname; Adresse für Spendenbescheinigung IBAN: DE60 8309 4495 0103 4220 70 BIC: GENODEF1ETK EthikBank eG |
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Veröffentlicht: Dienstag, 21. Dezember 2021 17:39
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Am 25. September hatte das Amt für Stadtgrün und Gewässer (ASG) zu einem der beliebten „Grün-Gänge“ in den Leipziger Osten eingeladen.
Im Rahmen des Projekts "Masterplan Grün" führte der Spaziergangsforscher Bertram Weisshaar entlang der Östlichen Rietzschke.
Um 14 Uhr trafen sich an der Haltestelle Edlichstraße bei sonnigem Herbstwetter zwanzig interessierte Menschen. Nach kurzer Lagebesprechung ging es entlang der Wurzner Straße zum ersten Stopp. Am Übergang zum Kleingartenverein „Sellerhausen“ erklärten Mitarbeiter des ASG die neu entstandene, multifunktionale Grünfläche mit Retentionsfunktion und hohem Aufenthaltswert: Es entstehen Blühwiese, Totholzbereiche, Sandbänke, ein grünes Klassenzimmer, Aussichtsbereiche und ein Insektenhotel-Turm. Von der neu-errichteten Brücke über den Rietzschke-Graben hatte es einen schönen Blick auf den Ihmelscampus und gleich daneben auf den Übergang der Rietzschke in die Kanalisation. Die Retentionsfläche soll bei Starkregen das Wasser in der Fläche halten, bevor es in die Kanalisation geleitet wird. Schließlich ist diese in solch einem Fall schnell überlastet.
Hier konnte auch die Frage geklärt werden, warum die Erde mit Plastik-, Glas- und Keramikteilchen übersät war (der ACA berichtete). Die Erde der ehemaligen Gärten wurde 30 cm tief abgetragen und gesiebt. Dies geschah, um Wurzeln zu entfernen. Wäre das nicht geschehen, würden z.B. Brombeeren alsbald wieder alles überranken. Danach wurde die Landschaft mit dieser Erde modelliert und es blieben kleinteilige Fremdstoffe leider noch drin. Aus Kostengründen wurde die Erde nicht ausgetauscht.
Ebenso konnte geklärt werden, dass die Wege keine weitere Beleuchtung erhalten werden (der ACA berichtete). Hier gab es ein Abwägungsprozess zwischen Mensch und Natur. Insekten sollen auch in der Stadt einen Rückzugsort erhalten und ungestört von Lichteffekten leben. Menschen, die sich im Dunklen unwohl fühlen, können außen herum laufen. Das sollte für den Naturschutz in Kauf genommen werden.
Was leider noch nicht geklärt werden konnte, da noch nicht absehbar, ist das, was die Leipziger Zeitung jüngst bemängelte: Das ASG hat sich nicht an die Vorgaben aus dem 2020 beschlossenen Umsetzungsplan gehalten. Die Hauptwege in dem potenziellen Überschwemmungsgebiet sollten nämlich in Asphalt ausgeführt werden, statt sandgeschlämmt. Denn darin bilden sich im Laufe der Zeit Rillen und Absätze. Bei Hochwasser werden die Wege beschädigt bzw. weggeschwemmt und müssen anschließend mit viel Geld wieder angelegt werden. Es ist völlig unverständlich, warum sich das ASG – übrigens nicht nur hier – nicht an die Planungen hielt.
Weiter ging es dann Richtung Sportplatz. Rechter Hand zog sich der Rietzschke-Graben, der im Fall der Fälle 120 Liter Wasser pro Sekunde vertragen kann. Am
Sportplatz selbst verläuft dieser verschlossen unter dem Tribünenhügel. Gleich hinter dem Sellerhäuser Viadukt stand die Gruppe vor einen großen Wald. Dieser wuchs die letzten 20 Jahre, nachdem damals in der schrumpfenden Stadt die Gärten aufgegeben und beräumt wurden. Es ging weiter Richtung Osten auf einem Weg unter dem damals zur selben Zeit der Mischwassersammler-Ost gebaut wurde. Gleich daneben – verrohrt – kann die Rietzschke entlangfließen.
Am Parkplatz des KGV „Immergrün“ schlug sich Gruppe in die Büsche und stand schnell am Rand des Vorfluters der Östlichen Rietzschke. Das verwunschen wirkende „Sellerhäuser Becken“ kann 20.000 m³ Wasser rückhalten. Trockenen Fußes wurde dieses durchquert und schon standen die Grün-Gänger an der neugebauten Bahnüberführung Tunnelwiese (ugs. Creepy-Tunnel). Hier fehlte allerdings noch die Rinne für die Rietzschke. Auch das ASG wussten nicht so genau, wann diese angelegt wird. Auf der anderen Seite der Bahnstrecke ging es durch den Park, vorbei am Stünzer Teich. Am Spielplatz Lilienweg in Mölkau endete der Spaziergang dann gegen 17 Uhr und die Teilnehmenden waren erstaunt, dass man inmitten einer Großstadt doch 3 km an einem Grünzug entlang gehen kann, ohne auch nur einmal eine Straßen kreuzen zu müssen.
weitere Renaturierung vorgesehen

Am 13. Oktober stimmte der Stadtrat für eine Renaturierung der Östlichen Rietzschke – auf deren gesamten ca. sieben km Länge. Nach der Retentionsfläche an der Grenze von Anger-Crottendorf zu Sellerhausen-Stünz wird weiter östlich die Bachsohle instand gesetzt. Darüber hinaus werden weitere Flächen entstehen, die bei künftigen Starkregenereignissen als Sammler und Ableiter dienen. Durch den Rückhalt bzw. die Versickerung der Niederschläge vor Ort wird der Landschaftswasserhaushalt stabilisiert und die Hochwasserspitzen bei Starkniederschlagsereignissen gedämpft. Zudem lässt der Kühleffekt von verdunstendem Wasser Mensch und Natur Hitzeperioden besser ertragen.
Als die abzustimmende Vorlage zuvor den Stadtbezirksbeirat-Ost erreichte, ging einem findigen Mitglied des Gremiums für Bündnis 90/ Die Grünen dieser nicht weit genug. Er ließ den Antrag um den zusätzlichen Punkt ergänzen, dass „in die Maßnahmen, der Wasserzufluss zum Stünzer Teich mit einbezogen wird“. Das freute dann auch den Bürgerverein Sellerhausen-Stünz, der seit Jahren für den Erhalt des Teiches im Einsatz sind.
Das Gehen ist die einfachste und unmittelbarste Art, die Welt zu erkunden. Alle Sinne sind währenddessen aktiv mit dabei. Weitere interaktive Grün-Gänge, zum runterladen und sebst ablaufen, gibt es online, unter: www.talk-walks.net |
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Veröffentlicht: Dienstag, 21. Dezember 2021 17:39
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„Ich finde es beschämend, wenn bei Straßenbaumaßnahmen zur Verbesserung der Wegesicherheit für Fußgänger an Kreuzungen oder zur Aufwertung von Straßen mit Bäumen die Beteiligten vor allem über wegfallende Parkplätze diskutieren, anstatt über Sicherheit und Nutzen.“ So lässt sich Chris Gölker in der aktuellen 27. Sellerhäuser Depesche zitieren. Gölker ist Mitarbeiter in einem Ingenieurbüro für Bauleit-, Verkehrs- und Tiefbauplanung und berät den Bürgerverein Sellerhausen-Stünz in Verkehrsfragen.
Ganz anders diskutiert wurde allerdings in Anger-Crottendorf. Am 14. September trafen sich die Mitglieder der AG Schulwegsicherheit, Mitglieder des Stadtbezirkbeirates-Ost, Eltern-vertreter*innen und die Leitungen der Kita Dschungelbande und der 74. Grundschule, sowie der Bürgerverein Anger-Crottendorf zu einem Vor-Ort-Termin in der Stünzer Straße. Um 7.30 Uhr tobte zwischen Kita und Grundschule das Leben und wuselte sich durch jede Menge totes Metall. Die Anwesenden konnten sehr schnell erkennen, dass die Kinder auf ihrem Weg zur Schule einem erhöhten Risiko ausgesetzt sind. Gründe dafür sind parkenden Autos, die die Sichtverhältnisse einschränken, sowie ein fehlender, durchgängiger Gehweg, der Zufußgehende auf die Straße zwingt. Dazu kommen Elterntaxis, die ihre Kinder wohl zwanghaft bis zur Eingangstür fahren und – weil die Stünzer Straße eine Sackgasse ist – dann auch noch wenden müssen.
Die AG Schulwegsicherheit musste zugeben, dass diese Verkehrssituation bei ihr immer mal wieder Thema war – seit 15 Jahren! Bewegt hatte sich allerdings wenig. Auf Druck der oben genannten, einer Petition und nicht zuletzt durch das stetige Bohren des Bürgervereins und des Stadtbezirksbeirats-Ost ging nun endlich ein Nagel ins Brett.
Das Verkehrs- und Tiefbauamt (VTA) wird sich diesen Abschnitt als Aufgabe ins Hausaufgabenheft schreiben. Das heißt, nach X Jahrzehnten Diskussionen wird sich ein/e Planer/in der Stadt diesen gesamten Straßenabschnitt anschauen und dazu praktikable Lösungen erarbeiten. Kurzfristige Verbesserungen wird es leider nicht geben, das gibt die sehr Auto-fixierte Straßenverkehrsordnung nicht her. Aber mittelfristig werden sich hier Veränderungen ergeben.
Der Stadtbezirksbeirat-Ost fragt im Frühjahr 2022 beim VTA noch einmal nach dem Stand der Planungen.
Wie der Straßenabschnitt allerdings auch genutzt werden kann, zeigte der diesjährige PARK(ing) Day. Dies ist im Beitrag zur Europäischen Mobilitätswoche nachzulese, unter: https://bv-anger-crottendorf.de/joomla/neues/61-was-brachte-die-europaeische-mobilitaetswoche-2021-anger-crottendorf