Oberklasse statt Arbeiterklasse?

  • Veröffentlicht: Freitag, 14. Mai 2021 21:05

Die Menschen zieht es wieder in die Städte, Wohnraum wird knapp, Mieten steigen, bisherige Mieter*innen werden verdrängt. Die liberal-konservative Politik landauf landab fordert: „Bauen, bauen, bauen“, damit soll die Anzahl an Wohnungen steigen und die Mieten sinken.
Nun wird auch in Anger-Crottendorf an einem den Stadtteil prägenden Gebäude gebaut. Aber zu welchem Preis?

Die Karl - Krause - Fabrik soll neue Mieter*innen bekommen. Jahrzehntelang im Dornröschenschlaf gab es bisher nur neue Eigentümer*innen, die den wuchtigen Bau als Spekulationsobjekt betrachteten, sich (und ihren Anteilseigner*innen) die Taschen voll machten und das Gebäude dem Verfall preisgaben. Im Oktober 2020 hat sich dann ein Leipziger Projektentwickler die Teilungserklärung beurkunden lassen und ab da ging es ganz schnell. Seit einigen Wochen wird nun am Gebäude gewerkelt, die Einbauten entfernt.

Ende 2023 soll das Gebäude in der Theodor-Neubauer-Straße 60 neu erstrahlen, mit vier Gewerbe- und 123 Wohneinheiten, letztere mit Wohnungsgrößen zwischen 25,95 m² und 144,51 m². „Die Wohnungsgrößen sind so strukturiert, dass heutigen Wohnbedürfnissen mit modernen Raumprogrammen Rechnung getragen wird. Dabei fühlen sich Paare ebenso angesprochen wie Familien mit Kindern oder Singles“, heißt es im über 200 Seiten starken Exposé. Und weiter: In den Wohnräumen „wird ausschließlich hochwertiges Parkett als zeitloser und werterhaltender natürlicher Bodenbelag (verlegt). Die Innenausstattung ist überdurchschnittlich, der Wohnkomfort auf erstklassigem Niveau.“ Dazu kommen noch Design-Bäder, Einbauküchen, Terrassen, Loggien und ein Fitnessbereich.

Man merkt schon, Sozialwohnungen mit Mietpreisbindung werden das nicht. Wer seine Eigentumswohnung ab Ende 2023 dann vermieten möchte, kann Einnahmen „je nach Marktsituation und Mietverhandlungen voraussichtlich von ca. 9,00 bis 11,00 Euro/m²“ erzielen – kalt versteht sich. Bei Kaufpreisen der Wohneinheiten von „ca. 129.490,50 Euro bis 721.104,90 Euro“ ist das auch nötig und nichts für den/ die klassische/ n Anger-Crottendorfer*in.
Aber selbst wenn eine Sozialverträglichkeit gewollt wäre, die Gebäudegeschichte als Fabrik, der aktuelle, marode Zustand, und natürlich die Spekulationen der vergangenen Jahre, würden das Projekt verteuern – bis hin zur Unmöglichkeit. Auch die Soziale Erhaltungssatzung (Milieuschutzsatzung), welche für Teile Anger-Crottendorfs seit vergangenem Jahr gilt, greift hier nicht. Die Fabrik war bisher eben kein Wohnraum, welcher nun aufgewertet wird. Zudem endet das Erhaltungsgebiet an der Seegerstraße.

Interessant am Rand

Gegenüber der Karl-Krause-Fabrik entsteht eine Grundschule und ein Nachbarschaftszentrum – wie lange letzteres auch immer dauern wird (s. S. 16) - mit niedrigschwelligen Angeboten für Groß und Klein. Da wird es das eine oder andere Mal etwas lauter werden. Auch der Parkbogen wird sich weiter entwickeln. Gleich neben der Fabrik wird auf dem ehemaligen Haltepunkt der große Aufenthaltsbereich mit verschiedenen Möglichkeiten zum Sitzen oder Skaten sowie Spiel- und Sportangeboten angelegt. Also kurz, genau die Stelle, an der es dann von den Freiraum-Suchenden Party geben wird. Hinzu kommt „die freigehaltene Blickbeziehung zum alten Polygraphgebäude“, wie es im Siegerentwurf des Architektenwettbewerbs zum Parkbogen heißt. Ob das dann in der alten neuen Karl-Krause-Fabrik noch der „Wohnkomfort auf erstklassigen Niveau“ ist, bleibt erst einmal offen.

Die seit November 2019 geltende Satzung der Stadt Leipzig über die Stellplatzpflicht (Stellplatzsatzung) macht es möglich. Die Karl-Krause-Fabrik bekommt nur 42 Tiefgaragenstellplätze dafür aber 129 Stellplätze für Fahrräder in der Tiefgarage und im Außenbereich. Darüber hinaus besteht die Möglichkeit den Drahtesel in den zu jeder Wohnung gehörenden Abstellboxen auf der jeweiligen Etage abzustellen. Das ist genau das, was sich – demokratisch legitimierte – Verkehrswende nennt.

Der Kaufpreis für einen Tiefgaragenstellsplatz wird mit 34.900 Euro, für einen der beiden Außenstellplätze für PKW noch mit 12.900 Euro veranschlagt. Wenn man sich in Anger-Crottendorf dann mal so umsieht, können sehr, sehr viele Autofahrende froh sein, dass ihnen die Gesellschaft keine Rechnung stellt.

 

Lese-Tipp:
Was kosten Parkplätze oder „Wie wertvoll ist eigentlich der zugeparkte Straßenraum in Leipzig?“, aus der Leipziger Zeitung, online hier verlinkt.

 

Das Exposé mit allem Wichtigen, Grafiken, Visualisierungen, Grundrissen, findet sich im Internet, unter: www.krause-fabrik.de

 


(K)eine Quartiersgarage für Anger-Crottendorf - Teil 2

  • Veröffentlicht: Freitag, 14. Mai 2021 20:55

In der letzten Ausgabe (11/2020) berichtete der Anger-Crottendorfer Anzeiger (ACA) über den PARK(ing) Day 2020 und den Wunsch der Anwohnenden nach einer Quartiersgarage um die Parkplatzsituation zu entspannen. Infolge dessen und auf Anregung des Bürgervereins formulierte der Stadtbezirksbeirat-Ost (SBB-Ost) noch im September 2020 einen Wichtigen Antrag an die Stadtverwaltung. "Der Stadtbezirksbeirat beantragt die Prüfung, auf der Platzfläche zwischen der ehemaligen Feuerwache Ost und der ehemaligen Karl-Krause-Fabrik ein Parkdeck zu errichten" (Vorlage – VII-A-01885). Der Ort war ganz bewusst gewählt, weil es sich hierbei um eine städtische Fläche handelt. Dies würde die Bau- und Betriebskosten reduzieren, schließlich muss kein Grundstück teuer gekauft werden.

Der Verwaltungsstandpunkt (Vorlage – VII-A-01885-VSP-01) dazu erschien jedoch erst nach Redaktionsschluss des letzten ACAs, sodass dieser nun in der vorliegenden Ausgabe (12/2021) näher betrachtet werden kann.

Was zu erwarten war: Der Interimsparkplatz bietet keinen Raum, um ein Parkdeck zu errichten. "Die Einrichtung einer Quartiersgarage auf dem Platz vor der Feuerwache Ost ist (...) räumlich nicht möglich. Bei Errichtung eines mehrgeschossigen Parkdecks müssen zusätzliche Rampen und Fahrgassen innerhalb des Parkdecks vorgesehen werden, die einen deutlich größeren Flächenbedarf produzieren, der auf diesem Platz nicht gegeben ist." Die Pläne der Stadtverwaltung für diese Fläche sind inzwischen auch ganz andere, wie im ersten Artikel in diesem Heft beschrieben wurde.

Also bleibt alles, so wie es ist? Nicht ganz! Denn im Wichtigen Antrag hatte der Stadtbezirksbeirat-Ost die Verwaltung verpflichtet, sich mit dem Parkproblem in Anger-Cottendorf weiterhin zu beschäftigen. "Sollte das Prüfergebnis negativ ausfallen, prüft die Stadtverwaltung bis zum Ende des ersten Quartals 2021 Alternativen und stellt dann drei Möglichkeiten vor, das illegale Parken auf Gehwegen, Ecken, Kreuzungen im Viertel zu verhindern/ unterbinden."
Die Verwaltung wird dem nachkommen, verschiebt aber den Abgabetermin um drei Monate auf das Ende des 2. Quartals 2021.

Der Antrag bzw. der Verwaltungsstandpunkt nahm in den ersten Wochen dieses Jahres seinen Weg durch die Gremien. Der SBB-Ost übernahm den Verwaltungsstandpunkt einstimmig. Im Fachausschuss Stadtentwicklung und Bau stellte sich auch eine allgemeine Zustimmung ein. Was also schon nach einem sicheren Zieleinlauf aussah, wurde am Ende noch einmal holprig.

Denn am 24. Februar musste der Verwaltungsstandpunkt, auf den sich die vorgelagerte Gremien demokratisch verständigt haben, noch den Stadtrat passieren.
Die CDU-Fraktion hatte allerdings kurzfristig einen Änderungsantrag gestellt (Vorlage – VII-A-01885-ÄA-02): „Der OBM wird beauftragt bis Mitte 2021 zu prüfen, an welcher Stelle und unter welchen Bedingungen ein Parkdeck/ Quartiersgarage für das Quartier im Umfeld der Quartiersschule Ihmelsstraße errichtet werden kann.“ Da aber niemand von der CDU-Fraktion mit dem Einreicher vom SBB-Ost im Vorfeld gesprochen hatte, ging es so aus, wie es eben ausging. Der Einreicher warb im Stadtrat für den Verwaltungsstandpunkt. Der Änderungsantrag der CDU war somit hinfällig.

Weil es aber an mangelhafter Kommunikation nicht scheitern soll, versicherten Mitglieder des SBB-Ost dem ACA dieses Thema in der kommenden Sitzung des Stadtbezirksbeirates am 10. März noch einmal auf die Tagesordnung zu nehmen.

Interessant am Rand

Im Zuge der Errichtung des Ihmelsscampus‘ wurde der Garagenhof Bernhardstraße abgerissen. Schon damals gab es einen Antrag (Vorlage – VI-A-04427) im Stadtrat mit dem Titel: „Ausgleich von Parkraum in der Bernhardstraße sowie für die Garagengemeinschaft Krönerstraße durch Errichtung eines Parkhauses“. In der Beschlussvorlage steht: „Die Stadtverwaltung prüft, in welcher Form, an welcher Stelle und mit wie vielen Parklätzen ein Parkhaus in der Nähe der Bernhardstraße und des Wohngebietes Krönerstraße errichtet und betrieben werden kann.“ Das klingt zwar fast so wie der aktuelle Änderungsantrag der CDU. Diesen Antrag zum Garagenhof Bernhardstraße brachte allerdings im Jahr 2017 die AFD-Fraktion ein.

Weil aber keine andere Stadtratsfraktion mit dieser zusammenarbeiten wollte und will, wurde damals kurzerhand der Verwaltungsstandpunkt übernommen und als eigenständiger Antrag abgestimmt. „Der Oberbürgermeister wird beauftragt, den Verkehr im Bereich des Wohngebietes im Interesse aller Bewohnerinnen und Bewohner bestmöglich zu organisieren und in diesem Zusammenhang bis Mitte 2018 im Rahmen der Erarbeitung eines nachhaltigen Mobilitätsplanes konkrete Handlungsempfehlungen/ Maßnahmenpakete vorzulegen.“ In der Begründung stehen dann auch die Sätze, die im letzten ACA schon einmal zu lesen waren, viele im Quartier aufregen, rechtlich aber völlig unstrittig sind: „Die Schaffung und das Vorhalten von Parkplatzkapazitäten im öffentlichen Straßenraum (...) ist keine Pflichtaufgabe der Stadt. Der Gesetzgeber geht davon aus, dass Fahrzeughalter selbst für die Unterbringung ihrer Fahrzeuge verantwortlich sind. Im allgemeinen kann dieses Problem dadurch gelöst werden, dass Fahrzeughalter Stellplätze auf privaten Grundstücken anmieten.“

Übrigens: Die Stadtratsfraktion, welche den Verwaltungsstandpunkt 2017 kurzerhand übernahm und als eigenen Antrag zur Abstimmung stellte, war die CDU-Fraktion. Was die CDU-Fraktion nun dreieinhalb Jahre zum Thema hat schlafen lassen, bleibt ihr Geheimnis.

 

Lese-Tipp:
„Mit Parkhäusern kann man Leipzigs Parkplatzprobleme nicht lösen“, aus der Leipziger Zeitung, online hier verlinkt.

 


Verkehrsberuhigung an der 74. Grundschule

  • Veröffentlicht: Freitag, 14. Mai 2021 20:37

Grundschulen sind ein wesentlicher Bestandteil von Wohngebieten, denn Grundschülerinnen und Grundschülern soll es möglich sein, die Schule selbständig zu Fuß zu erreichen.

Der Zugang zur 74. Grundschule in der Stünzer Straße erfolgt durch eine Sackgasse. 2019 eröffnete dort direkt gegenüber die Komplex-Kita Dschungelbande. Besonders in den Hol- und Bringezeiten gibt es hier einen regen Autoverkehr und leider halten sich auch nicht alle Autofahrenden daran langsam und angemessen zu fahren. Zwischendurch laufen dann noch die Grundschüler aufgrund des fehlenden Fußweges über die Straße. Ein Wunder, dass es an dieser Stelle noch nicht zu größeren Unfällen gekommen ist. Leichte Schäden an Autos gab es schon.

Die Hilferufe der Schulleitung an die Stadtverwaltung blieben bisher ungehört. Daher haben der Förderverein der 74. Grundschule Leipzig, die Schulleitung der Grundschule, der Schul- und der Hortelternrat sowie der Bürgerverein Anger-Crottendorf e.V. eine Petition an die Stadt Leipzig gestellt mit der Forderung, dass die Stünzer Straße zwischen Friedrich-Dittes- und Borsdorfer Straße, wie auch der Teil der Borsdorfer Straße von der Beuchaer Straße bis zum Eingang zum Ramdohrschen Park zu einem verkehrsberuhigten Bereich umgewidmet wird.

Stünzer Straße - Einfahrt zur Kita Dschungelbande und 74. Grundschule

Ein verkehrsberuhigter Bereich würde dafür sorgen, dass sich die Autofahrenden nur noch im Schritttempo bewegen dürfen. Der Fußverkehr darf die ganze Breite der Straße nutzen (z.B. zum Spielen) und darf weder gefährdet noch behindert werden. Wenn nötig müssen Autofahrende warten. Vor allem mit der Eröffnung der neuen Kita und der öffentlichen Mitbenutzung des Abenteuerspielplatzes dort würde dies auch eine deutliche Aufwertung dieses Bereiches für Kindergarten- und Schulgruppen sowie für Familien bedeuten, die sich dann wesentlich ungefährdeter zwischen Kita, Schule, Park und neuem Kids-Campus mit dem Abenteuerdorf bewegen könnten.

Bis Anfang März haben bereits 205 Menschen die Petition mitgezeichnet und gern können sich viele weitere Menschen daran beteiligen: https://kurzelinks.de/na1f

Der Petitionsausschuss und der Stadtrat werden bald dazu entscheiden.

Die Initiator*innen der Petition hoffen auf ein positives Signal aus der Stadtverwaltung, und dass die Kinder sicher in die Einrichtungen und wieder nach Hause kommen.


Update:
Die Petition hat am 21. April den Stadtrat passiert. Die Mitglieder votierten einstimmig für das Anliegen der Petenten. Zusammen mit dem Petitionsausschuss konnte der Bürgerverein noch ein weiteres positives Signal setzen. Eine schnelle Lösung soll schon bis zum Beginn des Schuljahres 2021/22 her – auch als Provisorium. Das der genannte Bereich sowieso eines Tages komplett umgebaut und sicher ausgestattet für die kleinen und großen Anlieger gehört, weiß man inzwischen auch im Verkehrs- und Tiefbauamt.


„Alle seh‘n den Garten, aber niemand sieht den Spaten“

  • Veröffentlicht: Montag, 19. April 2021 21:18

„Für viele Konsumenten in der Stadt ist völlig klar, die Landwirtschaft kostet Milliarden, quält Tiere, vergiftet Böden und Grundwasser und ist außerdem klimaschädlich. Für die Bauern auf dem Land ist völlig klar, sie schuften sich den Rücken krumm und sind doch ständig kurz vor der Pleite, weil es den Städtern einerseits an der Supermarktkasse nicht billig genug sein kann und sie andererseits nach immer noch mehr Vorschriften und Kontrollen für die Landwirtschaft schreien. In einem Punkt aber sind sich beide Seiten einig: So weitergehen kann es nicht.“ Mit diesen Worten moderierte kürzlich Max Moor einen Beitrag für das Kulturmagazin Titel Thesen Temperamente im Ersten an.

In dem Beitrag ging es um eine Landwirtschaftskultur, die ihren Namen auch verdient und die im Moment vorherrschende Diskrepanz zwischen Stadt- und Landmenschen. Viele Menschen denken immer öfter darüber nach, was sie essen wollen und auch wo dies herkommt. Regional, saisonal und unter nachhaltigen Gesichtspunkten angebaut wird immer wichtiger. Vorgaben, die die moderne Landwirtschaft zu zerreißen drohen.

Ganz anders läuft es hingegen im Stadtgarten ANNALINDE. Der Anger-Crottendorfer Anzeiger (ACA) war unter bestmöglichen Schutzbestimmungen zu einem Rundgang zu Besuch, bevor das arbeitsreiche Frühjahr alle Gärtnernden voll beschäftigt. Jan Obracaj leitet die Gärtnerei und führte über das Gelände.

Seit vier Jahren gibt es den Ableger der ANNALINDE im Leipziger Osten, Am Güterring 4. Auf dem Gelände der ehemaligen Ausbildungsstätte des Berufsförderungswerks entstand ein kleiner Gärtnereibetrieb für Gemüse, der nun in seine dritte volle Saison geht. Bis zu zehn  Stadtgärtner*innen produzieren da Gemüse, wo es auch konsumiert wird.

Eingekeilt zwischen dem Ostfriedhof und der Lottozentrale erstreckt sich das ca. 0,5 ha große Areal. Jan Obracaj sitzt in der wärmenden Sonne und bespricht mit seinen Kolleg*innen den Tagesablauf, bevor er Zeit für den ACA hat. Noch ist zwar nicht viel zu tun, denn die Beete sind an diesem Tag noch schneebedeckt. Dafür laufen auf ca. 500 m² in den beiden Folienzelten und dem Gewächshaus schon die ersten Arbeiten, kleine Pflänzchen recken sich aus den Töpfen.

„Wir bauen hier 10 verschiedene Sorten Salat an, 15 verschiedene Tomtenpflanzen, Zucchini, Kohlrabi, Möhren, Spinat, Kohl“, sagt Obracaj auf dem Weg durch die Gewächshäuser. Vermarktet werden die Produkte über die Gemüsekisten, die Menschen bestellen und an verschiedenen Orten der Stadt abholen können. „Im Sommer packen wir wöchentlich 100 Gemüsekisten, im Winter dann nur aller zwei Wochen. Für zehn Kisten können wir hier im Leipziger Osten anbauen, der Rest kommt aus dem Westen der Stadt.“ Weitere Abnehmer sind die Leipziger Unverpackt-Läden, die Schwarzwurzel (eine Einkaufsgenossenschaft) oder auch Caterer. Gegärtnert wird nach den Richtlinien des biologischen Landbaus.

„Die ANNALINDE ist ein Krisengewinner“, so Obracaj. „Während der Corona-Krise konnten hier alle weiter arbeiten – mit kleinen Einschränkungen – und die Nachfrage nach regionalen Erzeugnissen ist stark gestiegen. Die Menschen scheinen sich wirklich mehr Gedanken darüber zu machen: Wie will man leben? Wo kriegt man seine Lebensmittel her?“ Die kleinen Einschränkungen betrafen das Hygienekonzept, welches natürlich auch in der Gärtnerei umgesetzt wurde. Das Team ist sehr eng und kollegial und es wurde untereinander ausdiskutiert wie das Konzept umzusetzen ist. Im Arbeitsalltag hat sich also eigentlich im vergangenen Jahr trotz Pandemie nichts gravierendes geändert. „Das war für uns alle eine große Stütze – auf einer psychischen Ebene. Wenn man nicht mehr so viele Leute treffen oder ausgehen konnte. Man hat hier seine Arbeit. Das ist schön.“

Im Januar 2022 wird die Fläche Richtung Süden erweitert. Dann soll es auch Kooperationen mit den Solidarischen Landwirtschaften (SoLaWi) in Taucha geben. „Dann wird es auch hier am Standort eine Abholstation geben und wir können dann Produkte, die wir nicht selbst anbauen von den SoLaWis bekommen und umgedreht.“ Somit wird es dann noch kundenfreundlicher, die Kisten noch umfangreicher.

Angekommen an der Friedhofsmauer stellt sich einem schon die Frage wie das ist, wenn an so einem Ort gegärtnert wird. „Unsere Nachbarn sind sehr friedlich“, sagt Obracaj und lacht. „Wir haben wenig Kontakt mit der Friedhofsverwaltung. Aber wenn wir eine Trauerfeier bemerken, dann  arbeiten wir natürlich leise weiter.“ Laute Gerätschaften kommen bei ANNALINDE sowieso sehr selten zum Einsatz. „Gemüsegärtnern ist halt Handarbeit.“

ANNALINDE startete vor fast zehn Jahren im Westen der Stadt. Damals fanden sich einige Enthusiasten zusammen um multifunktionale urbane Landwirtschaft zu betreiben. Neben dem gärtnern sollte aber auch ein Ort der Begegnung geschaffen werden, wo Menschen sich treffen und austauschen können. Darüber hinaus sollten aber auch grüne Flächen gesichert werden, die eben nicht zugebaut oder zugeparkt werden sollen. Eine Entwicklung die inzwischen auch den Leipziger Osten eingeholt hat, wo jede Baulücke auch bebaut wird.

ANNALINDE ist heute ein anerkannter Ausbildungsbetrieb und eine gemeinnützige GmbH.

Auf dem Rückweg fallen große kreisrunde Gebilde auf, die wie große Komposthaufen mit einem Schornstein aussehen. „Das war ein Kooperationsprojekt mit dem Biomasse-Forschungszentrum in Leipzig und der Technischen Hochschule Dresden. Die Biomeiler sollten Wärme produzieren, die wir für die Aufenthaltscontainer und Gewächshäuser nutzen konnten.“ In den Komposthaufen sind Wasserschläuche verlegt. Das Wasser erwärmt sich durch den Rotteprozess. Die Forschenden wollten herausfinden, wie diese Haufen beschaffen sein müssen, z.B. belüftet oder nicht, damit man eine maximale Wärmeausbeute bekommt. Die auf zwei Jahre angelegte Projektphase ist inzwischen beendet, die technischen Einrichtungen abgeklemmt. „Den Kompost nutzen wir aber weiter. Der reicht für Jahre. Und vielleicht gibt es auch ein Anschlussprojekt“, so Obracaj.

Dem gelernten Gemüsebauer ist neben seiner Gärtnerarbeit aber auch noch etwas anderes wichtig - ein Grünes Klassenzimmer zu sein. „Ein Mal sollte jedes Leipziger Kind in der ANNALINDE zu Gast gewesen sein.“ Was im Westen gut funktioniert muss sich im Osten noch entwickeln. Daran wird noch gearbeitet und getüftelt. „Die Kinder sollen sauber hier her kommen und dreckig wieder gehen“, sagt Obracaj und strahlt. ANNALINDE möchte sich auch im Quartier weiter einbringen. Kooperationen mit Kindergärten und Schulen sind erwünscht.

Mit Blick auf die wärmere Jahreszeit freut sich Obracaj schon auf Besucher*innen, die einen Spaziergang durch die offene Gärtnerei unternehmen. „Dann heißt es wieder: Alle seh‘n den Garten, aber niemand sieht den Spaten.“

Und weil es noch viel zu tun gibt, bedankt sich der ACA bei Jan Obracaj für seine Zeit und wünscht der ANNALINDE ein ertragreiches Jahr.


Bürgerverein Anger-Crottendorf begrüßt das Handeln des Ordnungsamtes

  • Veröffentlicht: Mittwoch, 14. April 2021 21:14

Der Bürgerverein Anger-Crottendorf begrüßt ausdrücklich, dass das Ordnungsamt nun auch in Anger-Crottendorf beginnt gegen ordnungswidrig parkende Fahrzeuge auf den Gehwegen vorzugehen.

Jahrelang hatte sich der Bürgerverein dafür stark gemacht, dass gerade die Fußwege keine Parkflächen sind. „Die Geh- und Fußwege dienen dem Schutz der schwächeren Verkehrsteilnehmer*innen und sind kein Parkraum. Um gerade Fußgänger*innen, Familien mit Kindern und ältere Menschen zu schützen war es notwendig, dass die Stadt sich auch in Anger-Crottendorf die Einhaltung der StVO kontrolliert. Das jahrelange Nicht-Handeln der Stadt hat den aktuellen Konflikt erst entstehen lassen“, so Ulrike Gebhardt, Vorsitzende des Bürgervereins.

Gleichzeitig mahnt der Bürgerverein an, dass die Stadt verstärkt mit allen Verkehrsteilnehmenden ins Gespräch kommen muss, um Lösungen für die angespannte Parkplatzsituation zu finden. „Es reicht nicht, dass die StVO durchgesetzt wird. Es müssen auch Lösungen unter Einbeziehungen aller Beteiligten gefunden werden. Dazu gehört auch, dass die ÖPNV Anbindung schnellstmöglich verbessert werden muss und mit den Garagenbesitzern über Alternativen und Ersatzstandorte gesprochen werden muss“, so Gebhardt weiter.

Der Bürgerverein ruft alle Bürger*innen auf, sich konstruktiv, jenseits von Schuldzuweisungen, in die Debatte um Lösungsvorschläge einzubringen. Wer jetzt mit den Fingern auf andere zeigt, macht deutlich, dass es nicht um das Wohl des Stadtteils geht sondern allein nur um egoistische Belange.


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