Warum die Konzeptverfahren für günstiges Bauen und Wohnen scheiterten

Nicht nur große Wohnungsbaugenossenschaften kommen ins Straucheln bei der Finanzierung von Instandhaltung, Sanierung und Neubau. Auch kleine Baugruppen mussten in den letzten Jahren die Segel streichen. Dabei hörte sich das Bauen über Konzeptverfahren sehr gut an.

Um bezahlbares Wohnen für alle zu fördern und die Vielfalt an Wohnformen in Leipzig erhalten zu können, legte die Stadt Leipzig das Konzeptverfahren für kooperatives Bauen und Wohnen auf. Städtische Grundstücke werden für Baugruppen, aber auch soziale Träger und Investoren, die soziale und nachhaltige Wohnprojekte verwirklichen wollen, im Erbbaurecht bereitgestellt und unter alleiniger Berücksichtigung der Nutzungskonzepte ohne Bewertung des Preisangebots bewertet. Das sollte Kosten sparen, günstiges wohnen ermöglichen.

Die Stadt Leipzig initiierte im Juli 2020 die Konzeptverfahren für kooperatives und bezahlbares Bauen und Wohnen zum ersten Mal.

Ein gelungenes Beispiel aus dieser Zeit – aber auch nicht ohne Probleme – ist die Baugruppe „inklusiv LEben“, die in der Cichoriusstraße gerade ein Gebäude errichtet. Der ACA berichtete in der Ausgabe 17/ 2022 schon einmal. Einen weiteren Beitrag gibt es in diesem Heft auf Seite X nachzulesen.

Im Oktober 2021 schloss sich die zweite Ausschreibung an. Bewerbungsschluss war der 31. Mai 2022. Das Eckgrundstück Saarbrücken-/ Klausenerstraße in Anger-Crottendorf mit 960 Quadratmeter Grundstücksfläche hatte die Stadtverwaltung für eine Wohnbebauung angeboten.

Für dieses Grundstück wurde schließlich ein Projekt einer Baugruppe ausgewählt, welches rund 50 Personen durch effiziente Raumnutzung über Clusterstrukturen neuen Wohnraum verschaffen wollte. Nach der Auswahl hatte die Baugruppe ihr Konzept noch weiter konkretisiert und Planungen vorangetrieben. Wie aber bei fast allen Baubauprojekten zeigte sich, dass die Finanzierungspläne mit Stand der Konzepteinreichung im Mai 2022 den rasanten Entwicklungen im Laufe des Jahres 2022 [Inflation, Baupreissteigerungen, Ausfall der KfW-Förderung und eine fehlende Sonderförderung durch die Stadt Leipzig, a.d.R.] nicht mehr Stand hielten. Die kalkulierten Bau- und Finanzierungskosten konnten ebenso wie die Finanzierunsgsabsichtserklärung der Bank nicht mehr gehalten werden.

Das Grundstück ist auch heute noch nicht mit kostengünstigen Wohnraum bebaut.

In der dritten Ausschreibungsrunde der Stadtverwaltung im September 2022 wurde das Grundstück Bernhardstraße 17 mit 520 Quadratmeter Grundstücksfläche angeboten. Aber über die Ankündigungsphase ging es nicht mehr hinaus. Auf dem Nachbargrundstück, Bernhardstraße 15, errichtet seit einiger Zeit ein privater Investor Wohnbebauuung. Um die Kosten zu drücken, wird dies mit dem maximal möglichen Baukörper selbst im Hinterhaus durchgeführt.

Die Konzeptvergabeverfahren sind vorläufig ausgesetzt. Eine Wiederaufnahme ist nicht in Sicht. Im März 2023 fragte der damalige Stadtbezirksbeirat Marcel Pruß die Verwaltung an, wie es weitergehen könnte. Es antwortete die amtierende Leiterin im Amt für Wohnungsbauförderung und Stadterneuerung, Heike Will.
„Stadtweit sind die Bedarfe nach gemeinschaftlichen Wohnprojekten unverändert. Das zeigten auch das vorab bekundete Interesse am Grundstück Bernhardstraße. Diese Wohnformen werden als soziale, bedarfsorientierte, ressourcenschonende und vor Spekulation und Preissteigerungen sichere Wohnformen angesehen. Die Kluft zwischen Bedarfen und Interesse der Leipziger Bevölkerung an diesen Wohnformen einerseits und der finanziellen Umsetzbarkeit andererseits stellt aktuell jedoch das Hauptproblem für derartige Projekte dar und auch das Haupthindernis, sich tatsächlich dafür zu bewerben.“ Statt dessen „nehmen kooperative Bau- und Wohnprojekte von Leipzigerinnen und Leipzigern in attraktiven Umlandgemeinden deutlich zu und locken Interessierte an.“ Man sucht also das Bau- und Wohnglück im Speckgürtel.

„Sollte es gelingen, die Kosten für innerstädtische Neubauprojekte für gemeinschaftliche Wohnformen zu senken (bspw. durch Reduzierung der Baukosten, der Neuauflage von Förderungen oder schlicht durch einen Rückwärtstrend bei Bau- und Finanzierungskosten), könnten derartige Projekte vom Konzept in die Umsetzung gebracht werden. Unter unveränderten Rahmenbedingungen wird kooperativer Neubau kaum bis nicht stattfinden und Umbau- und Sanierungsprojekte noch stärker in Umlandgemeinden verlagert“, so Heike Will in ihrer Antwort.

Und die Rahmenbedingungen sind immer noch unverändert. Das betrifft nicht nur Wohnbaugruppen, sondern auch andere zu bauende Projekte – wie Parkhäuser zum Beispiel.

Aktuell bauen nur drei Baugruppen aus der ersten Vergaberunde 2021 mittels einer Sonderförderung der Stadt, zwei Gruppen wollen noch in diesem Jahr losbauen. Es bauen die schon erwähnte „inklusiv Leben“ in der Cichoriusstraße, die „Haus am Fluss“ in der Breitschuhstraße 31 (Großzschocher) und die „HolzbrauSüd“ in der Braustraße (Südvorstadt). Die „SaxenLeben“ in der Breitschuhstraße 28/ 30 (Großzschocher) hat im März den Bauantrag eingereicht. Die „Leika“ in der Wolfgang-Heinze-Straße (Connewitz) plant mit einem Baubeginn in diesem Jahr.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert