Warum die Konzeptverfahren für günstiges Bauen und Wohnen scheiterten

Nicht nur große Wohnungsbaugenossenschaften kommen ins Straucheln bei der Finanzierung von Instandhaltung, Sanierung und Neubau. Auch kleine Baugruppen mussten in den letzten Jahren die Segel streichen. Dabei hörte sich das Bauen über Konzeptverfahren sehr gut an.

Um bezahlbares Wohnen für alle zu fördern und die Vielfalt an Wohnformen in Leipzig erhalten zu können, legte die Stadt Leipzig das Konzeptverfahren für kooperatives Bauen und Wohnen auf. Städtische Grundstücke werden für Baugruppen, aber auch soziale Träger und Investoren, die soziale und nachhaltige Wohnprojekte verwirklichen wollen, im Erbbaurecht bereitgestellt und unter alleiniger Berücksichtigung der Nutzungskonzepte ohne Bewertung des Preisangebots bewertet. Das sollte Kosten sparen, günstiges wohnen ermöglichen.

Noch im entstehen ist ein Neubau Bernhardstraße 15, rechts die Baulücke Bernhardstraße 17, die für eine Konzeptvergabe vorgesehen war.

Die Stadt Leipzig initiierte im Juli 2020 die Konzeptverfahren für kooperatives und bezahlbares Bauen und Wohnen zum ersten Mal.

Ein gelungenes Beispiel aus dieser Zeit – aber auch nicht ohne Probleme – ist die Baugruppe „inklusiv LEben“, die in der Cichoriusstraße gerade ein Gebäude errichtet. Der ACA berichtete in der Ausgabe 17/ 2022 schon einmal. Einen weiteren Beitrag gibt es in diesem Heft auf Seite X nachzulesen.

Im Oktober 2021 schloss sich die zweite Ausschreibung an. Bewerbungsschluss war der 31. Mai 2022. Das Eckgrundstück Saarbrücken-/ Klausenerstraße in Anger-Crottendorf mit 960 Quadratmeter Grundstücksfläche hatte die Stadtverwaltung für eine Wohnbebauung angeboten.

Im Jahr 2021 ausgeschriebenes Grundstück Saarbrücken-/ Klausnerstraße.

Für dieses Grundstück wurde schließlich ein Projekt einer Baugruppe ausgewählt, welches rund 50 Personen durch effiziente Raumnutzung über Clusterstrukturen neuen Wohnraum verschaffen wollte. Nach der Auswahl hatte die Baugruppe ihr Konzept noch weiter konkretisiert und Planungen vorangetrieben. Wie aber bei fast allen Baubauprojekten zeigte sich, dass die Finanzierungspläne mit Stand der Konzepteinreichung im Mai 2022 den rasanten Entwicklungen im Laufe des Jahres 2022 [Inflation, Baupreissteigerungen, Ausfall der KfW-Förderung und eine fehlende Sonderförderung durch die Stadt Leipzig, a.d.R.] nicht mehr Stand hielten. Die kalkulierten Bau- und Finanzierungskosten konnten ebenso wie die Finanzierunsgsabsichtserklärung der Bank nicht mehr gehalten werden.

Das Grundstück ist auch heute noch nicht mit kostengünstigen Wohnraum bebaut.

In der dritten Ausschreibungsrunde der Stadtverwaltung im September 2022 wurde das Grundstück Bernhardstraße 17 mit 520 Quadratmeter Grundstücksfläche angeboten. Aber über die Ankündigungsphase ging es nicht mehr hinaus. Auf dem Nachbargrundstück, Bernhardstraße 15, errichtet seit einiger Zeit ein privater Investor Wohnbebauuung. Um die Kosten zu drücken, wird dies mit dem maximal möglichen Baukörper selbst im Hinterhaus durchgeführt.

Die Konzeptvergabeverfahren sind vorläufig ausgesetzt. Eine Wiederaufnahme ist nicht in Sicht. Im März 2023 fragte der damalige Stadtbezirksbeirat Marcel Pruß die Verwaltung an, wie es weitergehen könnte. Es antwortete die amtierende Leiterin im Amt für Wohnungsbauförderung und Stadterneuerung, Heike Will.
„Stadtweit sind die Bedarfe nach gemeinschaftlichen Wohnprojekten unverändert. Das zeigten auch das vorab bekundete Interesse am Grundstück Bernhardstraße. Diese Wohnformen werden als soziale, bedarfsorientierte, ressourcenschonende und vor Spekulation und Preissteigerungen sichere Wohnformen angesehen. Die Kluft zwischen Bedarfen und Interesse der Leipziger Bevölkerung an diesen Wohnformen einerseits und der finanziellen Umsetzbarkeit andererseits stellt aktuell jedoch das Hauptproblem für derartige Projekte dar und auch das Haupthindernis, sich tatsächlich dafür zu bewerben.“ Statt dessen „nehmen kooperative Bau- und Wohnprojekte von Leipzigerinnen und Leipzigern in attraktiven Umlandgemeinden deutlich zu und locken Interessierte an.“ Man sucht also das Bau- und Wohnglück im Speckgürtel.

„Sollte es gelingen, die Kosten für innerstädtische Neubauprojekte für gemeinschaftliche Wohnformen zu senken (bspw. durch Reduzierung der Baukosten, der Neuauflage von Förderungen oder schlicht durch einen Rückwärtstrend bei Bau- und Finanzierungskosten), könnten derartige Projekte vom Konzept in die Umsetzung gebracht werden. Unter unveränderten Rahmenbedingungen wird kooperativer Neubau kaum bis nicht stattfinden und Umbau- und Sanierungsprojekte noch stärker in Umlandgemeinden verlagert“, so Heike Will in ihrer Antwort.

Und die Rahmenbedingungen sind immer noch unverändert. Das betrifft nicht nur Wohnbaugruppen, sondern auch andere zu bauende Projekte – wie Parkhäuser zum Beispiel.

Aktuell bauen nur drei Baugruppen aus der ersten Vergaberunde 2021 mittels einer Sonderförderung der Stadt, zwei Gruppen wollen noch in diesem Jahr losbauen. Es bauen die schon erwähnte „inklusiv Leben“ in der Cichoriusstraße, die „Haus am Fluss“ in der Breitschuhstraße 31 (Großzschocher) und die „HolzbrauSüd“ in der Braustraße (Südvorstadt). Die „SaxenLeben“ in der Breitschuhstraße 28/ 30 (Großzschocher) hat im März den Bauantrag eingereicht. Die „Leika“ in der Wolfgang-Heinze-Straße (Connewitz) plant mit einem Baubeginn in diesem Jahr.

 

11. Wohnprojekttage des Netzwerks Leipziger Freiheit

Gemeinschaftliche und nachbarschaftliche Wohnprojekte sind immer auch Experimentierfelder. Die Leipziger Wohnprojekttage des Netzwerks Leipziger Freiheit geben Macher*innen eine Plattform zum Erfahrungsaustausch über ihre “Feldversuche”. Sie sind auch ein kleines Fenster in die Wohnprojektwelt. Alle Interessierten können in Vorträgen und Gesprächen einen Einblick in die Faszination, in neue Themen aber auch Herausforderungen von Wohnprojekten und der Menschen “dahinter” erhalten.
Die 11. Wohnprojekttage fidnen am 29. und 30. November 2024 statt. Mehr Infos dazu, unter: www.netzwerk-leipziger-freiheit.de/wohnprojektetage

 

„Warum die Konzeptverfahren für günstiges Bauen und Wohnen scheiterten“ von Darius N. Ehrlicher erschien erstmals am 26.08.2024 im Anger-Crottendorfer Anzeiger 22/ 2024.

Alle Ausgaben des Stadtteilheftes stehen unter folgendem Link als Download zur Verfügung: www.bv-anger-crottendorf.de/anger-crottendorfer-anzeiger


 

Kommentar: Hast Du auch Parkdruck?

„Na wo soll ischn buarkn?“ (sächs., ugs. für: „Na wo soll ich denn parken?“), hört man zwar immer seltener, aber eben immer noch. Denn am rechten Fahrbahnrand wird zwar häufig das Fahrzeug abgestellt, ein Parkplatz ist das allerdings nicht. Beim rechten Fahrbahnrand handelt es sich nämlich um öffentlichen Raum, der nicht als Parkplatz misszuverstehen ist. Dieser öffentliche Raum gehört allen und kann daher auch von allen genutzt werden, auch von denen, die gar kein Auto haben. Durch die Straßenverkehrsordnung gibt es jedoch das Privileg – ja das ist ein Privileg – am rechten Fahrbahnrand das eigene Fahrzeug kostenfrei abzustellen (Fahrräder übrigens auch). Mit dieser Handlung wird aber der öffentliche Raum, der zwar allen gehört, in diesem Moment privatisiert. Andere können ihn nun nicht mehr nutzen. Privileg!

Zurück zur Ausgangsfrage. Die Antwort darauf ist recht einfach. Parken? Auf einen Parkplatz! Eine Fläche, die einen einzigen Zweck hat und eben nicht öffentlicher Raum ist. So etwas gibt es auch in Anger-Crottendorf. Der halbe Stadtteil besteht aus Parkplätzen in Form von Garagen. Da könnte man das eigene Auto drin lagern, wenn man denn die Leiter, Farbeimer, alte Küche, Matratze, Surfboard, Krimskrams und anderen Krempel mal aussortiert.

Mit Blick auf den selbst verschuldeten „Parkdruck“ im Stadtteil und um einen Überblick zu erhalten, welche Preise denn für welche Art von Stellplätzen aktuell aufgerufen werden, hatte der Bürgerverein Anger-Crottendorf e.V. sich die Mühe gemacht und ein bisschen herumtelefoniert. Die Ergebnisse übergab der Verein auch den Mitgliedern des Stadtbezirksbeirates-Ost. Denn Parkplätze gibt es jede Menge. Nur sind diese dann eben nicht vor der eigenen Haustür – und sie kosten auch etwas.

Ausweg aus dem selbst verschuldeten “Parkdruck”: Einfach einen Stellplatz mieten, z.B. am ehemaligen Autohaus Grüne Gasse.

Die nachfolgenden Daten sind alle Stand 10. Mai 2024.

Es können Stellplätze auf dem ehemaligen Tankstellengelände in der Eilenburger Straße/ Riebeckstraße an der Grenze von Anger-Crottendorf zu Reunditz-Thonberg gemietet werden. Die Tankstelle wurde abgerissen, das Gelände so belassen und wird nicht gepflegt. Die Kosten pro Stellplatz betragen dennoch 49 €/ Monat mit wesentlich mehr freien als belegten Stellplätzen. Das Gelände ist zwar 1.000 m entfernt. Das Oberlandesgericht Sachsen hält die Ausdehnung einer Bewohnerparkzone in dieser Dimension aber für zulässig [der ACA berichtete]. Diese Entfernung ist demnach nicht ungewöhnlich, sondern zumutbar. 1.000 m entfernt war übrigens auch die inzwischen abgerisse Quartiersgarage in der Bergstraße in Neustadt-Neuschönefeld [der ACA berichtete].

In Anger-Cottendorf können auf dem Gelände des ehemaligen Autohauses in der Grüne Gasse Stellplätze gemietet werden. Der Parkplatz ist gepflastert, wird gepflegt und wurde vor vielen Jahren ohne kostenintensive Bautätigkeit errichtet. Die Kosten pro Stellplatz betragen schon 69 €/ Monat, bei einer Auslastung von gerade einmal nur zwei Dritteln. Die Vermarktung begann zudem auch schon vor neun Monaten.

Darüber hinaus gibt es im Stadtteil mindestens genau so lange Tiefgaragenstellplätze für 70 €/ Monat in der Theodor-Neubauer-Straße zu mieten.

Ergänzend bemerkt: Eine Garage bei Vonovia kostet 65 €/ Monat, eine auf einem städtischen Garagenhof ab 25 €/ Monat.

Wer also Parkdruck hat, sollte aufhören zu jammern und sich einen echten Parkplatz mieten!

 

Der Kommentar „Hast Du auch Parkdruck?“ von Darius N. Ehrlicher erschien erstmals am 26.08.2024 im Anger-Crottendorfer Anzeiger 22/ 2024.

Alle Ausgaben des Stadtteilheftes stehen unter folgendem Link als Download zur Verfügung: www.bv-anger-crottendorf.de/anger-crottendorfer-anzeiger


 

Der Kids Campus Leipzig

Der Kids Campus im Stadtteil Anger-Crottendorf lädt bereits seit Sommer 2020 Menschen aller Altersgruppen zum Spielen, Lernen, Feiern, Entdecken, Entspannen und Genießen ein. Auf gut 10.000 Quadratmetern zwischen Friedrich-Dittes-Straße und Borsdorfer Straße gelegen, befinden sich eigentlich die Komplex-Kindertagesstätte DschungelBande sowie der heilpädagogische Hort WeltEntdecker. Was den Kids Campus besonders macht: Wenn diese Einrichtungen schließen, öffnen sich die Tore zum großen Spielplatz „AbenteuerDorf” für alle.

Toben im AbenteuerDorf

Auf dem vollständig umzäunten Spielplatzgelände mit Zugang in der Borsdorfer Straße können Kinder klettern, rutschen, matschen, schaukeln und auch Fußball, Tischtennis und Basketball spielen. Das Gestaltungskonzept ist an das Thema Dschungel angelehnt. Das Gelände ist größtenteils barrierefrei und verfügt über ein Rollstuhlfahrer-Karussell. Toiletten und Wickelmöglichkeiten für Babys stehen ebenfalls zur Verfügung. Die Öffnungszeiten ändern sich je nach Jahreszeit und sind hier zu finden:

www.seb-leipzig.de/abenteuerdorf

Das AbenteuerDorf im Kids Campus. Foto: SEB

Entspannen im RegenwaldBistro

Während Kinder bis ca. 12 Jahre überall Spielgelegenheiten finden, haben Eltern die Möglichkeit, auf der großen Terrasse des RegenwaldBistros mit Blick auf den Spielplatz zu entspannen. Das vielfältige Speisenangebot umfasst zum Beispiel Wraps mit verschiedenen Füllungen, Currywurst, Pommes, Salatteller, Folienkartoffel, Milchreis, Waffeln, hausgemachten Kuchen und Eis, während das Getränkeangebot Bio-Kaffeespezialitäten, heiße Schokolade, Tee, Bio-Schorlen, Säfte und Wasser bietet.

Kindergeburtstag feiern

Geburtstagskinder bis 14 Jahre_haben die Möglichkeit, ihren besonderen Tag mit Familie und Freunden im „AbenteuerDorf” zu feiern._Im abgegrenzten Außenbereich auf dem Spielplatz erwartet die Gäste eine Geburtstagstafel mit dem gebuchten Verpflegungspaket („Süß & Salzig” für 15,60 € oder „Hotdog-Bar” für 13,50 €) und natürlich die Möglichkeit, den Abenteuerspielplatz zu nutzen. Detaillierte Infos sind hier zu finden:

www.seb-leipzig.de/kindergeburtstag

Die BuschTrommel im Kids Campus. Foto: SEB

Private Feiern, kulturelle Events oder Firmenveranstaltungen in der BuschTrommel

Wer auf der Suche nach einem Veranstaltungsraum in Anger-Crottendorf ist, findet auf dem Kids Campus, angrenzend an das Bistro und den Spielpatz, einen modernen und gut ausgestatteten Veranstaltungsraum mit Musik- und Präsentationstechnik sowie voll ausgestatteter Küche. Je nach gewünschter Bestuhlung finden hier ungefähr 30 – 60 Personen Platz. Außerhalb der Öffnungszeiten von Kita und Hort kann das AbenteuerDorf von den Gästen bespielt werden. Alle wichtigen Informationen und Kontakte finden Sie hier:

www.seb-leipzig.de/buschtrommel

Wer steckt hinter dem Kids Campus

Betreiber des Kids Campus mit allen angeschlossenen Bereichen ist der Städtische Eigenbetrieb Behindertenhilfe (SEB). Die Bau- und Sanierungskosten von Hort, Kita und Spielplatz sind zum Teil mitfinanziert durch Steuermittel auf Grundlage des vom Sächsischen Landtag beschlossenen Haushaltes. Auch aus diesem Grund möchte der SEB etwas an die Leipziger zurückgeben. Mit dem Konzept, ein Areal, auf dem sonst nur Kita- und Hortkinder spielen, auch für die Öffentlichkeit zu öffnen, ging der SEB neue Wege.

Der SEB als Eigenbetrieb der Stadt Leipzig schafft umfangreiche Angebote für Menschen mit und ohne Beeinträchtigungen. Dazu zählen Wohn- und Betreuungsangebote, Kitas und Horte, Förder- und Beratungsstellen, Fachpraxen im Bereich der Frühförderung sowie Beschäftigungs- und Freizeitangebote. Mittlerweile betreuen und fördern rund 750 Mitarbeitende Menschen aller Altersgruppen in den SEB Einrichtungen.

„Der KidsCampus Leipzig“ von Städtischer Eigenbetrieb Behindertenhilfe  erschien erstmals am 26.08.2024 im Anger-Crottendorfer Anzeiger 22/ 2024.

Alle Ausgaben des Stadtteilheftes stehen unter folgendem Link als Download zur Verfügung: www.bv-anger-crottendorf.de/anger-crottendorfer-anzeiger


 

„Wer gibt freiwillig so viel Geld aus“

Während der Anhörung im Stadtbezirksbeirat Ost (SBB-Ost) am 11. April 2024 meldete sich zum Tagesordnungspunkt „Parkraumanalyse“ ein Mann zu Wort, der einige wichtige und vernünftige Punkte dazu und zu einem Parkhaus im Stadtteil ansprach. Der ACA fragte bei Carsten Schulze-Griesbach noch einmal genauer nach.

Herr Schulze-Griesbach, Sie nahmen an der öffentlichen Sitzung des SBB-Ost teil. Warum eigentlich?

Ganz in der Nähe bin ich aufgewachsen und kenne die Stadtviertel Anger-Crottendorf und Volkmarsdorf seit Jahrzehnten. Und als Leipziger interessiere ich mich allgemein für die städtische Entwicklung.

Zum Tagesordnungspunkt „Parkraumanalyse“ sprachen Sie mehrere Punkte an. So z.B. ungenutzte Parkhäuser in Wohngebieten. Was bewegt Sie?

Das Thema der als zu wenig empfundenen Parkplätze betrifft alle gründerzeitlichen Stadtviertel. Unisono kommen auch stets die gleichen Lösungsvorschläge, dazu zählen Parkhäuser. Gebaut wurden nur wenige, ich wohne im Süden der Stadt mit Blick auf ein ebensolches und dieses soll laut Absichten des Eigentümers abgerissen werden. Es stehen von den 6 Ebenen 4 leer und der Rest ist nur spärlich ausgelastet. Das macht nachvollziehbar, wie unwirtschaftlich diese Anlagen sind. Der monatliche Betrag für einen Stellplatz liegt wohl zwischen 50 und 80 Euro. Der Leerstand lockt zu anderen Nutzungen: Einige skaten auf den großen glatten Flächen, Partys finden statt, am Ende leider auch viel Müll, Krach oder Konflikte bis zum Vandalismus. Es ist ein Schandfleck geworden.

Parkhaus Bergstraße während des Rückbaus im April 2022.

Der Anger-Crottendorfer Anzeiger berichtete schon in der Frühjahrsausgabe 18/2023 über das Parkhaus in der Bergstraße, das wenig genutzt nach 25 Jahren abgerissen wurde und nun durch Wohnbebauung ersetzt werden soll. Das Parkhaus entstand 1997 als in Teilen verkleideter Stahlskelettbau. Ein Stellplatz kostete um die 40 Euro pro Monat. Wie sähe das bei einem heutigen Neubau aus?

In meinem Redebeitrag habe ich Monatskosten von 200 Euro in den Raum gestellt. Das ist natürlich nicht durchkalkuliert. Doch wenn betrachtet wird, wie sich die Baukosten seit 1997 entwickelt haben, ist eine Verdopplung nicht falsch. Kostendeckend ist ca. 100 Euro im Bestand vorstellbar. In Anger-Crottendorf soll das Parkhaus mit einer Verkaufseinrichtung kombiniert werden. Auch als „gestalteter Hochpunkt“ am Polygraphlatz ist nicht davon auszugehen, dass es eine billige schäbige Skelettkonstruktion wird. Somit steigen auch die Anforderungen an Brandschutz und Fluchtwege. Eine relativ kleine Grundfläche sorgt für einen eher großen Anteil an Bewegungs- und Fahrflächen im Verhältnis zur Nutzfläche für Parkstände, die immer breiteren Autos sorgen zusätzlich für weniger Stellflächen je Grundfläche. Damit dürfte die angenommene Kostenverdopplung auf 200 Euro pro Monat eine realistische Annahme sein.

Es wird deutlich, dass das Baurisiko angesichts der enormen Kosten sehr hoch ist, denn hier wie anderswo wird die Nachfrage ausbleiben und stattdessen jede Straße weiter zugeparkt werden.

Laut Parkraumanalyse sind im untersuchten Gebiet in Anger-Crottendorf 3.150 Kfz zugelassen. Laut Statistik der Stadt Leipzig sind den gesamten Stadtteil betrachtet 263 Privat-PKW je 1.000 Einwohnerinnen und Einwohner gemeldet (Stand 2023). Das ist im Vergleich mit anderen Stadtteilen und der Gesamtstadt eine eher geringe Quote, die zudem auch sinkt. Und Anger-Crottendorf ist ein sehr junger Stadtteil mit im Durchschnitt 37,1 Jahren.

Der eigene PKW-Besitz wird – und wurde auch in der SBB Sitzung – mit der Notwendigkeit des Weges zur Arbeit begründet. Nimmt man dies erst einmal wertfrei so an, stellt sich die Frage nach Notwendigkeit des PKW-Besitzes nach dem Arbeitsleben. Gründe und Ziele sind dann andere, die Zwänge allerdings auch. Die geschilderten Jahreskosten [s. blauer Kasten] dürften so manche Rente aufzehren. Für die 5.000 bis 7.000 Euro jährlich mit Parkhausgebühr kann man die Wege auch allesamt mit dem Taxi zurück legen. Das wird billiger!

Auch der Weg zur Arbeit muss nicht zwingend im eigenen PKW erfolgen. Bereits heute haben bundesweit 65% der mit dem PKW fahrenden Erwerbstätigen ein qualitativ gleichwertiges ÖPNV Angebot. In Leipzig dürfte diese Quote sogar höher sein.

Neue Studien zeigen auch, dass immer weniger Menschen in jungen Jahren sich einen eigenen PKW anschaffen, der Trend allgemein geht hin zum vielfältigen Mix aus Sharingangeboten und anderen Möglichkeiten.

Alle Effekte zusammen ergeben die berechtigte Frage, ob und wie ein Parkhaus für die Betreiber rentabel wird. Entweder gar nicht, dann wird keines gebaut oder mit dem Verlagerungsdruck, dass im Straßenraum deutlich die Anzahl der Stellplätze reduziert wird. Beides wird seine Schwierigkeiten haben, akzeptiert zu werden.

Sie nahmen am demokratischen Prozess im Stadtbezirksbeirat teil. Sie haben auch die Meinungen von anderen Teilnehmenden aus dem Publikum gehört. Was raten Sie diesen, vor allem denen, die sich despektierlich gegenüber ihren Ausführungen äußerten? Wozu fordern Sie sie auf?

Diskussionen wie zur SBB Sitzung sollen zu Lösungen führen, zu Verbesserungen. Was nicht förderlich für eine Lösungsfindung ist, wenn das Niveau auf persönliche Diffamierungen abrutscht. Das sollten sich auch einige SBB-Mitglieder selbst ganz intensiv zu Herzen nehmen.

In Mobilitätsfragen ist es durchweg so, dass der jeweils individuelle Erlebnisrahmen – das Bauchgefühl – vorgetragen wird. Das ist in jedem Fall aber nur ein Teil des Ganzen. Quasi nicht falsch, sondern unvollständig. Vom eigenen Handeln oder Erleben bzw. Erfahren hochskalieren auf die Gesamtschau, dafür braucht es umfassende Analysen. Das leisten Unis und Hochschulen, die forschen dazu. Diese Grundlagen und Auswertungen weichen allerdings von den individuellen Bauchgefühlen ab. Das macht Diskussionen eher schwierig. Es kommt zu Unwillen, die Abweichungen zur eigenen Wahrnehmung überhaupt anzuerkennen. Dann allerdings wird es zwingend unfachlich, unwissenschaftlich und damit nicht mehr zielführend.

Mobilität ist eine komplexe schwierige Wissenschaft, Städtebau, Architektur kommen hinzu, ebenso soziale und soziologische Betrachtungen. Nicht zu vergessen, Themenfelder wie Nachhaltigkeit und Umweltbewusstsein dürfen auf keinen Fall fehlen. Die vielen Kinder im Quartier wollen schließlich in einer Welt leben, in der sie noch atmen können.

Wozu fordern Sie die Stadtverwaltung auf?

Die Stadtverwaltung muss mehrere Dinge parallel bewältigen. Immer und immer umfassender gehört dazu, die Bürger zu informieren, über die fachlichen Vorausetzungen und Zusammenhänge. Der Handlungsrahmen ist für die Verwaltung das 2018 im Stadtrat beschlossene Nachhaltigkeitsszenario. Dieses sieht vor, die über Jahrzehnte unterlassenen Investitionen in den Umweltverbund, bestehend aus Fuß/Rad/ÖPNV, zu steigern und hier attraktive Angebote zu schaffen. Die LVB hat mit dem „Netz24“ gerade für Anger Crottendorf erste Schritte umgesetzt, was vor allem für Senioren dank der kurzen Fußwege zum Bus eine Verbesserung ist. Insgesamt sorgt eine größere Attraktivität für mehr Nutzung. Die Wahl der Verkehrsmittel wird sich also verändern.

Leipzig ist eine kompakte flache Stadt, ideal für ein dichtes ÖPNV-Netz und ideal fürs Radfahren. Wenn weitere Einwohner zuziehen, was zu erwarten und auch dringend notwendig ist, muss auch die Mobilität innerhalb des kompakten Rahmens ihre Ausprägung finden. Das ergibt zwingend den Druck, noch intensiver und vor allem noch schneller für besseren ÖPNV zu sorgen und die (Ansiedlungs-)Politik der Stadt der kurzen Wege beizubehalten.

Sie sprachen auch das Deutschland-Ticket an. Als Vertreter des Fahrgastverbandes Pro-Bahn, was raten Sie allen Lesenden?

Das Deutschland-Ticket hat zwei Vorteile: Der günstige Preis und – noch wichtiger – die „gnadenlose“ Einfachheit. Es gilt immer und überall im gesamten Nahverkehr Deutschlands. Es ist genauso einfach wie Autofahren geworden. Einfach einsteigen und keine Sorgen mehr mit Tarifzonen, Waben, Ringe oder Ausnahmen. Es wirkt wie das Auto in der Westentasche, also ein Lösungsangebot für platzsparendes Parken. Gewiss gibt es nun einige Nahverkehrszüge, die sehr intensiv genutzt werden, doch in der Masse aller Angebote – so auch in der neuen Linie 71 im Quartier – ist noch jede Menge Platz. Die vollen Züge zeigen eines: Die Menschen wollen den ÖPNV. Es braucht aber Verbesserungen.

Mobilitätskosten im Vergleich

“Ein eigener PKW sorgt ja für zahlreiche weitere Kosten: Anschaffung, geteilt durch die Jahre der Nutzung, Steuern, Versicherung, Reparaturen, Gebühren wie TÜV, Parkgebühren anderswo und natürlich auch Sprit und Öl oder Zubehör. Da kommen schnell – je nach Größe – 3.000 bis 5.000 Euro im Jahr zusammen, zusätzlich zu den 2.400 Euro der geschätzten Parkkosten in einem Parkhaus. Wer gibt freiwillig so viel Geld aus, wenn es so viel preiswertere Alternativen gibt? Selbst wenn sich das beliebte Deutschlandticket von 600 Euro pro Jahr auf 1.200 Euro pro Jahr verdoppeln sollte, ist das immer noch ein Viertel bis ein Fünftel der PKW-Kosten!” Carsten Schulze-Griesbach

 

„Wer gibt freiwillig so viel Geld aus?“ erschien erstmals am 26.08.2024 im Anger-Crottendorfer Anzeiger 22/ 2024.

Alle Ausgaben des Stadtteilheftes stehen unter folgendem Link als Download zur Verfügung: www.bv-anger-crottendorf.de/anger-crottendorfer-anzeiger


 

„Bücherkatze“ liest

Seit einigen Wochen ist der Osten um eine kulturelle Anziehung reicher: Es gibt endlich einen hochwertigen Buchladen für alle Lesehungrigen. Der ACA hat der Gründerin, Frau Marcia Benecke, einige Fragen gestellt.

Liebe Frau Benecke: Was ist ihr beruflicher Werdegang?

Ich bin Quereinsteigerin im Buchhandel. Ich habe von 2018-2021 neben dem Germanistikstudium als Aushilfe bei einer großen Buchhandelskette in Rostock gearbeitet. Nach dem Masterabschluss bin ich dann 2021 nach Leipzig gegangen und habe hier erst ein Jahr in einem großen Online-Antiquariat und dann noch ein Jahr in der Buchhandlung LeseLaune in Taucha gearbeitet.

Wie kamen Sie auf die Idee, Ihren Buchladen hier im Leipziger Osten zu eröffnen?

Ich habe hier zwei Jahre auf der Ecke gewohnt und fand es schade, dass es hier keine Buchhandlung gibt. Als ich dann das leere Geschäft gefunden hatte, war das die Chance, diese Lücke zu schließen. Und der Plan ist bisher ganz gut aufgegangen.

Marcia Benecke (li.) und Kinderbuchillustratorin Maria Hecher.

Und wie kommen sie auf Leipzig als Wohn-, Geschäfts- und Lebensort?

Ich komme ursprünglich aus der Nähe von Hamburg und bin größtenteils der Liebe wegen hierher gekommen, aber auch einige meiner Freund*innen hat es nach oder während des Studiums hierher verschlagen, also habe ich hier ganz schnell Anschluss gefunden. Und ich mag, dass Leipzig zwar eine Großstadt, aber nicht zu groß ist. Außerdem mag ich die historischen Gebäude und dass es hier so grün ist.

Sind sie eine Liebhaberin und Leserin von Büchern?

Um vernünftige Empfehlungen geben zu können, muss ich natürlich viel und querbeet lesen. Ich lese nicht jedes Buch, das bei mir im Laden steht und greife auch gern mal auf Hörbücher zurück, um mehr zu schaffen, aber ich versuche mich über jedes einzelne Buch bestmöglich zu informieren.

Was haben sie an Starthilfen bekommen und zu welchen Bedingungen und mit welcher Bedeutung?

Im Moment erhalte ich noch die „Gründerinnenprämie“ der SAB. Die ist für Frauen gedacht, die sich hauptberuflich selbstständig machen möchten und deren Monatslohn in den letzten 12 Monaten unter 2.500 € brutto lag. Aber auch Frauen mit Migrationshintergrund, alleinerziehende Mütter oder Berufsrückkehrende werden gefördert. Man erhält einen nicht rückzahlpflichtigen Zuschuss zum Lebensunterhalt in Höhe von 1.320 € monatlich für die ersten 6 Monate der Selbstständigkeit. Zusätzlich gibt es 300 € monatlich für die ersten 15 Monate als Zuschuss für die Krankenkasse. Auch ein Kinderbonus ist möglich.

Ich kann die „Gründerinnenprämie“ allen Frauen, die über Selbstständigkeit nachdenken nur wärmstens empfehlen.

Die Buchhandlung “Bücherkatze” im Täubchenweg.

Wie sind ihre ersten Erfahrungen hier?

Ich bekomme sehr viel positives Feedback. Viele sind super glücklich darüber, dass sie jetzt eine Buchhandlung vor der Tür haben. Im Moment ist Urlaubszeit, daher ist etwas weniger los, aber ich bin sehr zuversichtlich, dass Herbst- und Wintergeschäft das wieder rausreißen.

Was zeichnet ihren Buchladen gegenüber einer der großen Ketten-Buchhandlungen aus?

Neben den üblichen Services, wie Buchbestellungen über Nacht oder Geschenkverpackung, besorge ich auch antiquarische Titel und habe auch mehr Bestellwege. Während man bei den „Großen“ ja eigentlich nur online bestellen kann, ist das bei mir auch ganz unkompliziert per Mail, Textnachricht oder Anruf möglich. Außerdem ist der Laden ein Unikat. Ich glaube, ich habe einen etwas ausgefallenen Einrichtungsstil und mir ist Gemütlichkeit ganz wichtig. Schwerpunkte wie z. B. für Kinder oder Senioren werde ich nach dem Aufbau von Routine entwickeln.

Werden sie ihren schönen, geräumigen Laden auch für Veranstaltungen wie Lesungen, Vorträge o.ä. nutzen?

Lesungen sind dieses Jahr noch nicht geplant, weil ich erstmal reinkommen will. Aber 2025 geht da wahrscheinlich mehr. Im Moment mangelt es noch an Sitzgelegenheiten. Aber es gibt bereits die Veranstaltungsreihe „Rollenspiel nach Ladenschluss“. Da probieren wir jeden Monat neue Pen&Paper-Rollenspiele aus. Ich habe dann immer zwei Spielleitungen und Platz für 10 Leute, die mitspielen möchten. Das geht dann meist so drei bis vier Stunden. Im Juli haben wir „Call of Cthulhu“ gespielt. Aber eine klassische Runde „Dungeons & Dragons“ kann ich mir auch vorstellen. Wer sich dafür interessiert, soll gerne vorbeikommen für die weiteren Termine und Infos.

Wie machen sie ihr Geschäft im weiteren bekannt?

Ich bin bei genialokal.de angeschlossen. Über die Seite kann man online bei inhabergeführten Buchhandlungen in der Nähe bestellen. Entweder zur Abholung im Laden oder auch zu sich nach Hause. Darüber finden mich viele. Ansonsten bin ich relativ aktiv auf Instagram oder verteile Flyer, wenn mal was Besonderes ansteht.

Was ist ihr Lesetipp für die bald kommende Herbstzeit?

Am 4. September erscheint das neue Buch von Walter Moers „Das Einhörnchen, das rückwärts leben wollte“. Das wird eine Geschichtensammlung aus seiner beliebten Fantasiewelt Zamonien. Darauf bin ich schon sehr gespannt.

 

„Bücherkatze“ Buchandlung

Täubchenweg 83

Di – Fr: 11 – 18 Uhr

Sa: 11 – 14 Uhr

www.buecherkatze-leipzig.de

@buecherkatze_leipzig

 

„”Bücherkatze” liest“ von Josef Trauth erschien erstmals am 26.08.2024 im Anger-Crottendorfer Anzeiger 22/ 2024.

Alle Ausgaben des Stadtteilheftes stehen unter folgendem Link als Download zur Verfügung: www.bv-anger-crottendorf.de/anger-crottendorfer-anzeiger