Interesse überschaubar – Kein Ansturm auf kostenpflichtige Parkplätze

Es gibt schon verrückte Menschen im Stadtteil. Zum Beispiel jene, die sich ein Auto zulegen, nur um es dann rumstehen zu lassen. So ist jedes vierte Auto im öffentlichen Raum im Stadtteil eigentlich ein Stehzeug, wie die Parkraumanalyse 2022 zu Tage brachte [der ACA berichtete]. Oder auch die Menschen, die seit Jahren behaupten, der Bürgerverein Anger-Crottendorf e.V. macht alles um alle Autos wegzubekommen.
Die Wahrheit aber ist: Der Bürgerverein tut alles für die Menschen im Stadtteil – im übrigen auch für Autofahrer. Man muss es nur sehen wollen können.

Wird auf dieser Fläche der Leipziger Wohnungs- und Baugesellschaft in der Hanns-Eisler-Straße ein kostenpflichtiger Parkplatz entstehen?
Foto: ACA

Denn zuletzt brachte Mai 2024 der Bürgerverein über den Stadtbezirksbeirat-Ost einen Antrag ins politische Verfahren, der den Bau eines Interimsparkplatzes in der Hanns-Eisler-Straße zum Ziel hatte. Auf dem Grundstück der Leipziger Wohnungs- und Baugesellschaft (LWB), wo früher ein Wohnblock stand, sollen Stellplätze entstehen, die u.a. die Garagenstellplätze in der Kröner-/ Liselotte-Herrmann-Straße kompensieren sollen. Die beiden Garagenhöfe sollen einem Grundschulneubau weichen. Der Parkplatz soll nur als Zwischenlösung ausgelegt sein, weil in einer wachsenden Stadt die Wohnungsbaugesellschaft sicherlich auch weiterhin Wohnungen bauen muss und wird.

Schon im Jahr 2019 trat der Bürgerverein mit diesem Vorschlag an die LWB heran. Damals noch zeigte das stadteigene Wohnungsbauunternehmen kein Interesse. Im vergangenen Jahr nun wurde das selbe Vorhaben über den Stadtbezirksbeirat-Ost als formeller Prüfauftrag für die Stadtverwaltung wieder angeschoben. Somit musste dieser Vorschlag bearbeitet werden.

Das Liegenschaftsamt rechnete durch und ermittelte monatliche Kosten pro Stellplatz von 85 bis 100 Euro. Darin enthalten sind Bau, Pacht, Pflege und Rückbau für insgesamt 67 Stellplätze auf geschotterten Untergrund für 10 Jahre. Die Stadtverwaltung startete mit diesen Zahlen im November 2024 ein Interessenbekundungsverfahren, um überhaupt “den tatsächlichen Bedarf an ersatzweisen Stellplatzangeboten unter den Anwohnerinnen und Anwohnern zu ermitteln.” Interessierte konnten sich unverbindlich daraufhin melden. Das Verfahren endete Ende Februar 2025. Danach wurde gesichtet, sortiert und im Juni die Ergebnisse in den Grundstücksverkehrsausschuss weitergegeben, der über das weitere Vorgehen entscheiden wird. Aktuell sind dort noch Fragen offen, nach der Sommerpause wird im Ausschuss weiter beraten.

Die Stellplätze auf dem Polygraphplatz wurden 2016 als Interim während Fernwärmearbeiten im Stadtteil angelegt. Der Platz wird im Rahmen des Stadtplatzprogramms umgestaltet, die Zwischenlösung dann beendet.
Foto: ACA

Der Bürgerverein Anger-Crottendorf e.V. fragte im Juli einen Zwischenstand ab und dieser wartete mit allerlei Interessantem auf.

Das Liegenschaftsamt der Stadt Leipzig gab bekannt, dass 88 Interessensbekundungen eingingen, davon müssen allerdings drei Meldungen abgezogen werden, mehr dazu später. Insgesamt 19 Einsendungen kamen von aktuellen Pächterinnen und Pächter der Garagenhöfen. Die Zahlen überraschen, fordern doch seit vier Jahren sehr lautstark eine Handvoll Menschen mehr Parkplätze. Was sich aber schon im vergangenen Herbst abzeichnete, als der ACA im Kommentar “Hast Du auch Parkdruck?” freie, zu mietende Stellplätzen aufzählte, setzt sich hiermit nun fort. Unter dem Strich ist das Begehr dann doch gar nicht so groß – vor allem, wenn es mit Kosten verbunden ist. Zum Vergleich: Im öffentlichen Raum im Stadtteil gibt es laut Parkraumanalyse 2.410 legale Stellplätze. In Anger-Crottendorf sind aber 3.150 Kfz zugelassenen. Und da finden sich nur 88 Interessierte (minus drei)? Auf den beiden o.g. Garagenhöfen gibt es laut Stadtverwaltung 179 Garagen. Und da interessieren sich nur 19 Pächterinnen und Pächter für einen Ausweichplatz nach einem möglichen Abriss?

Ist das Geschrei einiger weniger somit auch nur Geschrei um des Schreien Willens ohne weitere Absichten? Oder scheitert es an den Kosten von 100 Euro pro Monat? Für eine Garage zahlt man je nach Alter des Pachtvertrages und Lage ab 25 Euro pro Monat.

Der Kostenvergleich verrät zwei Dinge. Erstens sind die 100 Euro der wahre Preis für einen Stellplatz in einer vollen Stadt, in der wir heute leben, in der Raum knapp ist. Das sollte auch niemanden überraschen, hatte der ACA in der schon erwähnten Herbstausgabe 22/2024 die Kosten für einen Stellplatz in einem Parkhaus schon einmal durchgerechnet. Manche wünschen sich ja auch ein Parkhaus im Stadtteil – bzw. schreien sie danach.

Zweitens zeigen die Zahlen aber auch, dass die stadteigenen Grundstücke mit Garagen – und das gilt nicht nur für Anger-Crottendorf, sondern für die ganze Stadt – weit unter Wert verpachtet werden.

Das Liegenschaftsamt gab in den Antworten auch einen Ausblick wie es weitergehen wird. Denn es ist nun den “politischen Gremien vorbehalten, auf Grundlage der gewonnenen Erkenntnisse und mit Blick auf die geschätzten Baukosten zu entscheiden, ob ein solcher Interimsparkplatz in Anger-Crottendorf eingerichtet werden soll. Dazu könnte dann vorgelagert möglicherweise auch eine Mietverpflichtung unter interessierten Nutzern abgefordert und eine notwendige Mindestanzahl an Verpflichtungen zur Voraussetzung für die Einrichtung der Kfz-Stellplätze gemacht werden.” Spätestens dann müssen alle die Hosen runterlassen und die Karten auf den Tisch legen.

Etwas muss noch aufgeklärt werden: Die drei oben abgezogenen Meldungen. Denn es gab im Interessenbekundungsverfahren auch Rückmeldungen, die das große Ganze im Blick hatten. Das Liegenschaftsamt schreibt dazu: “Bei den besagten drei Rückmeldungen, die einen Interimsparkplatz als nicht notwendig erachten bzw. sich dagegen aussprechen, wurde insbesondere auf Klima- und Umweltaspekte sowie die Lebensqualität im Stadtteil hingewiesen. Diese Bürgerinnen und Bürger räumen dem Erhalt von Grün- und Spielflächen nach eigenem Bekunden einen deutlich höheren Stellenwert ein und sprachen sich gegen zusätzliche, versiegelte Parkflächen aus.”

———–

Zur Wahrheit gehört auch…

Das an dieser Stelle mit selbiger Überschrift schon öfter aufgeführte Mitglied im Stadtbezirksbeirat-Ost für die CDU lehnte den Interimsparkplatz bei der Abstimmung im Beirat am 8. Mai 2024 ab. Als Vorsitzender des lokalen Autoclubs, der bei jeder Gelegenheit “mehr Parkplätze” fordert, klebte er Ende letzten Jahres an jede Hauseingangstür im Stadtteil Zettel, auf denen er versicherte, dass er und sein Verein das Vorhaben zum Interimsparkplatz “ausdrücklich unterstützen”.
In Fachkreisen diskutiert man solches Verhalten, was hiermit wiederholt auftrat, auch als dissoziative Störung, früher bekannt als Schizophrenie.

———–

Der Beitrag „Interesse überschaubar – Kein Ansturm auf kostenpflichtige Parkplätze“ von Darius N. Ehrlicher erschien erstmals am 01.09.2025 im Anger-Crottendorfer Anzeiger 24/ 2025.

Alle Ausgaben des Stadtteilheftes stehen unter folgendem Link als Download zur Verfügung: www.bv-anger-crottendorf.de/anger-crottendorfer-anzeiger