Kommentar: Fahrschulversager zurück auf die Schulbank

Wer erinnert sich noch? 2021 räumte das Ordnungsamt endlich die Autos von den Gehwegen in der Friedrich-Dittes-, Neumann-, Mascov- und Stünzer Straße. Alle atmeten auf. Einige atmeten aber auch tief ein, um sich darauf hin Luft zu machen. Einige Anwohnende stellten sich breitbeinig in die Öffentlichkeit und forderten auch weiterhin auf Gehwegen zu parken. Alle anderen Menschen im Stadtteil, und somit irgendwie auch ihre Nachbarn, waren ihnen völlig egal. Mit Hilfe einer Petition wollten sie ihrer Forderung Nachdruck verleihen. Die Stadtverwaltung und der Stadtrat lehnten allerdings ab. Das hielt diese Leute aber nicht davon ab auch weiterhin Schoten zu verbreiten, wie: „Zwischen meinem Auto und der Hauswand ist doch noch ein Meter Platz. Da kommst Du doch noch durch.“

Ja, das waren Zeiten. Schon damals raunte man im Stadtteil, was man denn alles so ungestraft von sich geben darf. Und schon damals knobelten einige, man müsste in dieser Sache doch einmal nachfragen. Dabei blieb es dann allerdings, man hatte schließlich anderes zu tun.

Reihenweise Fahrschulversager in der Neumannstraße – damals im April 2021.

Bis zum Januar 2024. Da stellte eine Leipzigerin – vermutlich keine Anger-Crottendorferin – eine Einwohneranfrage (VII-EF-09594) an den Stadtrat. Sie fragte unter der Überschrift „Anordnung von Verkehrsunterricht“, unter welchen Umständen die Straßenverkehrsbehörde Verkehrsunterricht anordnen kann und bezog sich dabei auf den § 38 der Straßenverkehrsordnung. Dieser besagt: „Wer Verkehrsvorschriften nicht beachtet, ist auf Vorladung der Straßenverkehrsbehörde oder der von ihr beauftragten Beamten verpflichtet, an einem Unterricht über das Verhalten im Straßenverkehr teilzunehmen.“

Und das Ordnungsamt antwortete ausführlich. „Nach § 11 Abs. 3 Nr. 4 Fahrerlaubnis-Verordnung kann die Fahrerlaubnisbehörde zur Klärung von Eignungszweifeln die Beibringung einer medizinisch-psychologischen Begutachtung auch dann anordnen, wenn der/ die Betroffene erheblich oder wiederholt gegen verkehrsrechtliche Vorschriften verstößt.“ Und: „Neben dieser Form der Begutachtung kann die Fahrerlaubnisbehörde Aufbauseminare anordnen.“ Und weiter: “Es [ist] zukünftig angedacht, für Verstöße/ Zuwiderhandlungen […] sich dem Mittel der Anordnung von Verkehrsunterricht zu bedienen.“

Also Obacht im Straßenverkehr, Verkehrsunterricht oder für die schweren Fälle eine MPU (medizinisch-psychologischen Untersuchung, kurz: Idiotentest) könnte auch für lautstarke Verkehrsteilnehmende in Anger-Crottendorf näher sein als gedacht.

Was dann folgen kann, berichtete die Leipziger Volkszeitung (LVZ) am 2. April 2024 in einem Online-Beitrag. Dieser beschäftigte sich mit einen Automechaniker aus Ostelbien (Landkreis Nordsachsen), der viermal am Iditotentest scheiterte. Jeder Versuch kostete ihn und seine Familie um die 1.000 Euro. „Hauptproblem seien die erforderlichen Gespräche mit dem Gutachter gewesen. Darin müssen die Prüflinge einen Sinneswandel beziehungsweise eine nachhaltige Verhaltensänderung nachweisen“, beschreibt die LVZ die Gründe für das Versagen des Protagonisten. Und so einen Sinneswandel müssten natürlich auch die lautstarken Verkehrsteilnehmenden in Anger-Crottendorf glaubhaft nachweisen.

 

Der Kommentar „Fahrschulversager zurück auf die Schulbank“ von Darius N. Ehrlicher erschien erstmals am 26.08.2024 im Anger-Crottendorfer Anzeiger 22/ 2024.

Alle Ausgaben des Stadtteilheftes stehen unter folgendem Link als Download zur Verfügung: www.bv-anger-crottendorf.de/anger-crottendorfer-anzeiger